piwik no script img

Linke Kampf-Kandidatinnen im InterviewEs kann nur eine geben

Am Samstag fällt die Entscheidung: Doris Achelwilm will für Bremens Linke in den Bundestag, dort sitzt jedoch Birgit Menz. Eine Gegenüberstellung in fünf Fragen

Links Fraktionssprecherin Doris Achelwilm, rechts Bundestagsabgeordnete Birgit Menz Foto: dpa (links)/Birgit Menz(rechts)
Interview von Jan Zier

taz: Frau Achelwilm, warum wollen Sie in den Bundestag?

Doris Achelwilm: Weil ich die großen Linien unseres Programms mit Verbesserungen am Ist-Zustand verknüpfen will. Nach diesem Prinzip sind wir in Bremen gut gefahren und das möchte ich im Bundestag fortsetzen. Mit einem offensiven Mandat gegen soziale Spaltung und Rechtsruck. Für die Besteuerung hoher Vermögen. Friedenspolitik statt Militarisierung. Gegen die in den 1990ern eingeleitete Schleifung von Arbeitsmarkt, Rente, Bildung. 2016 war für viele ein politisch zermürbendes Jahr. Es wird Zeit, dass Politik wieder konsequent Positives bewirkt, demokratischer wird, mit kapitalistischen Regeln und Taktgebern bricht.

Was können Sie besser als Ihre Kontrahentin?

„Kontrahentin“ ist ein Wort, das mit meiner gewachsenen Entscheidung, zu kandidieren, wenig zu tun hat. Dass wir unterschiedliche Angebote zur Wahl stellen, trifft es vielleicht eher. Ich will das Mandat eng an Basis und Aufgaben vor Ort knüpfen. Viele Aktive an Infos und Entwicklungen teilhaben lassen, emanzipatorische und soziale Kämpfe verbinden.

Warum bewerben Sie sich nicht auch um ein Direktmandat?

Im Interview: Doris Achelwilm

40, ist Landesvorsitzende, Fraktionssprecherin und seit zehn Jahren Pressesprecherin der Bremer Linken.

Achelwilm hat ein sozialpolitisches Profil, kämpft gegen Hartz IV, Mini-Jobs und Leiharbeit.

Die Linke tritt als Team an. Dazu gehören Landesliste und beide Direktkandidaturen. Ich finde es richtig, die Breite der Partei als eine unserer Stärken abzubilden. Dass wir unterschiedliche Persönlichkeiten auf die Plätze nominieren, hat sich bewährt.

Was wollen Sie als einzige Bremer Abgeordnete der Linken in Berlin für Bremen erreichen?

Wenn es gelingt, in Berlin mehr Druck gegen Kinderarmut oder das Hartz-IV-Regime zu machen, hilft das maßgeblich in Bremen und Bremerhaven, wo die Armutsquote äußerst hoch ist. Ich möchte mithelfen, neue Denkansätze und Brüche hin zu besseren Zeiten zu organisieren. Als Teil der Linken wirke ich mit Politiker*innen, die für die gleichen Ziele kämpfen – ein Potenzial für Bremen.

Wo sehen Sie ihre Stärken?

Praktische Erfahrungen von der Aktions- bis zur Programmgestaltung. Verbindlichkeit. Übersicht. Offene Augen für Widersprüche, Existenznöte und Krisen des Alltags. Ungeduld mit Benachteiligungen, Ignoranz und Standesdünkel. Ich gehe auch mal unpolitischen Interessen nach, was erdet. Dauerläuferin statt Kurzstrecke. Überzeugung und Tatendrang.

+++

taz: Frau Menz, warum wollen Sie in den Bundestag?

Birgit Menz: Seit März 2015 bin ich Mitglied im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung und ich bin die tierschutzpolitische Sprecherin meiner Fraktion. Das sind drei spannende Themenfelder, die gekoppelt mit den sozialen Zielen der Linken sehr wichtig sind, nicht nur für die nationale Entwicklung, es geht darum, mit einem konsequent sozial-ökologischen Ansatz einen gesellschaftlichen Umbau zu verfolgen. Genau diese Arbeit möchte ich fortführen, denn da gibt es noch viel zu tun.

Was können Sie besser als Ihre Kontrahentin?

Kontrahentin ist das falsche Wort, wir sind keine Gegnerinnen, sondern bieten der Versammlung eine Wahlmöglichkeit. Wir sind beide sehr verschieden, haben aber ein gemeinsames Ziel. Wir haben immer sachlich und konstruktiv zusammengearbeitet und einander in den unterschiedlichsten Funktionen unterstützt. Dies wird auch zukünftig so sein.

Im Interview: Birgit Menz

54, sitzt seit März 2015 für die durch Verzicht ausgeschiedene Agnes Alpers für die Bremer Linke im Bundestag.

Sie ist im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau- und Reaktorsicherheit und Obfrau für nachhaltige Entwicklung.

In ihrer Fraktion ist Menz Sprecherin für Natur- und Tierschutz.

Sie engagiert sich gegen die Anbindehaltung von Kühen, illegalen Wildtierhandel und Walfang.

Sie kommt aus Suhl in Thüringen, trat 1981 in die SED, danach in die PDS beziehungsweise in die Linke ein.

Warum bewerben Sie sich nicht auch um ein Direktmandat?

Ich schätze die Vielfalt. Wir haben mehrere Genossinnen und Genossen, die Die Linke super im Bundestag repräsentieren können – also nutzen wir die Möglichkeit.

Wenn Sie die einzige Bremer Abgeordnete der Linken in Berlin sind: Was wollen Sie für Bremen erreichen?

Mit dem Mittel der Kleinen Anfrage werde ich weiterhin Bremer Bürgerinnen und Bürger zu Wort kommen lassen. Aber auch in dem Bereich Umwelt gibt noch einiges in Zusammenhang mit Bremen zu tun, zum Beispiel die Weservertiefung.

Wo sehen Sie ihre Stärken als Politikerin?

Da ich Sätze, die mit ich anfangen, nicht mag, versuch ich es mal ohne. Es ist nicht meine Art, als die „allwissende“ Politikerin aufzutreten. Mir ist es viel wichtiger, mich mit den Menschen zu unterhalten und zu lernen, um das Ergebnis dann in meine Überlegungen einfließen zu lassen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Das ist ja höchst interessant. Stellen sich zwei Personen für den gleichen Posten zur Wahl, dann ist das also ein Kampf. Und ich dachte tatsächlich, es wäre Ausdruck funktionierender Demokratie, wenn man zwischen mindestens zwei Kandidaten wählen kann.

    • Jan Zier , Autor des Artikels,
      @Peacewood:

      Für mich ist das Wort "Kampfkandidatur" nicht so negativ besetzt wie das bei Ihnen offenbar der Fall ist. Für mich ist gerade dieser Wettstreit ein Ausdruck funktionierender Demokratie. Man sagt ja auch "Wahlkampf", wenn man zwischen mehreren Parteien wählen kann - ohne dass da jemand an dem Begriff "Kampf" Anstoß nimmt.