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Linke Grüne können auch mit der CDUDer Duft der Macht betäubt

Kommentar von Plutonia Plarre

Plötzlich ist eine Koalition mit der CDU selbst für die Linken unter den Grünen kein Problem mehr. Gut, das schon vor der Wahl zu wissen.

U mfragewerte um die 30 Prozent bescheren den Grünen einen nie gekannten Höhenflug. Die Macht scheint greifbar nahe. Spitzenkandidatin Renate Künast wird als Lichtgestalt gefeiert.

Gierig wie hungrige Hunde schnappen die Medien nach jedem Brocken, den die Herrin in ihrem beredten Schweigen fallen lässt. Köchin, nicht Kellnerin wolle sie sein, auch keinen Wahlkampf führen, bei dem die CDU als Partner von vornherein ausfalle, teilte sie letzte Woche mit.

Überraschend ist das nicht. Künast will die Macht, daran hat sie schon auf Bundesebene nie einen Zweifel gelassen. Ihr Standardspruch: "Die Grünen können nicht nur darauf warten, dass die SPD mit ihnen koaliert."

Aber der Duft der Macht entfaltet auch beim linken Flügel betäubende Wirkung. Rundumüberwachung, Abschiebungen, Schlagstock frei am 1. Mai? Kein Problem. Namenschilder für Polizisten? Nie gehört. CDU-Chef Frank Henkel ist ein knorke Typ, seit er sich die Haare zurückgelt. Dass Klaus Landowsky immer noch Strippen zieht, tut auch keinem weh, und Kurt Wansner nimmt eh keiner ernst.

Eigentlich sollte es der politische Anstand gebieten, mit diesen Knochenkonservativen nicht zu paktieren. Nicht mal nachdenken sollte man darüber. Dass die jungen Abgeordneten so viel Moral nicht besitzen, weil auch ihnen der Erfolg zu Kopfe steigt, mag an ihrem Alter liegen. Aber dass selbst gestandene Grüne wie Wolfgang Wieland vor Kraft fast platzen, ist peinlich. "Wir wollen in Berlin auf die Poleposition", sagt er. "Und uns aussuchen, mit wem wir regieren."

Die Grünen zeigen ihr wahres Gesicht. Aber besser vorher gewusst als falsch gewählt.

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Redakteurin taz.Berlin
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6 Kommentare

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  • J
    Jakob

    Eine glaubwürdige Drohung mit einer Scharz-Grünen Koalition verbessert natürlich die Verhandlungsposition der Grünen in Koalitionsverhandlungen mit SPD/Linkspartei. Aus diesem Grund ist es aus Sicht der Grünen taktisch klug, sich vor der Wahl alle Optionen offen zu halten. Andererseits müsste die CDU als Juniorpartner in einer Koalition mit den Grünen sehr viele Kompromisse eingehen, so dass die Grünen viele politische Inhalte umsetzen könnten. Ich bezweifle allerdings, dass die Berliner CDU zu solchen Kompromissen bereit ist. Damit ist es auch wieder unwahrscheinlich, dass eine Schwarz-Grüne Koalition am Ende tatsächlich zustandekommt.

  • G
    gerd.

    Die SPD hat uns ja vorgemacht, wohin es führt, vorab Koalitionspartner auszuschließen und - hoppala - gabs gar keine echte Alternative dazu.

    Ich finde die zunehmende Duldung oder gar Akzeptanz von CDU-Positionen bei den Bündnisgrünen äußerst kritikwürdig, hingegen nicht, dass sie sich diese Koalitionsoption offenhalten.

  • S
    sabbeljan

    Wo steht in dem Artikel, was die Überschrift suggeriert? Ist das Wolfgang Wieland-Zitat das einzige, was die Aussage stützen soll? Den MdB Wieland als Kronzeugen der "linken bei den Berliner Grünen" heranzuziehen, ist echt etwas mager. Super Journalismus. Danke dafür.

  • H
    Hans

    Einen solchen Verrat werden sie ja hoffentlich doch nicht wagen!

  • D
    Daniel

    Nach den jüngsten Äußerungen von Wowereit und Gabriel, eine Grüne Bürgermeisterin nicht zu unterstützen, bestehen (mal wieder) ernsthafte Zweifel, dass die SPD sich verantwortungsbewußt und vernünftig verhalten wird.

     

    Das macht es zum Glück nur wahrscheinlicher, dass es auch mit der Linken reichen könnte. Das wäre dann allerdings eine zukunftsweisende Koalition, unter Ausschluß von SPD und CDU. Das gab es noch nie.

     

    Gebildet von zwei pragmatischen, visionären Parteien, denen das Blut noch durch die Adern schnellt. Die eine andere Welt für möglich halten und sich möglichst nicht wechselseitig daran hindern werden, dorthin aufzubrechen.

     

    Einziger Wermutstropfen blieben die hochverschuldeten Haushalte, die uns die neoliberalen Selbstbereicherer geschickt eingebrockt haben, um die Handlungsfähigkeit der Regierungen wirkungsvoll zu begrenzen.

  • S
    Stella

    Gut, die Partei-Hochzeiten in spe bereits jetzt zu erfahen. Dann fällt die Wahl hin zu ungpltig enorm leicht. Links - von allen guten Geistern verlassen.

    Stella.