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Libyer über das Bloggen im Exil"Arabische Blogs sind politischer"

Journalisten in Libyen sind geknebelt und gleichgültig. Ghazi Gheblawi bloggt deshalb aus London für unabhängige Medien - und gegen Stereotype über seine Heimat.

Staatskunst auf libysche Art: Blick auf anti-amerikanische Statue vor einem ehemaligen, von den USA zerbombten Präsidentenpalast. Bild: ap
Interview von Julian Jochmaring

taz: Herr Gheblawi, was sind die Unterschiede zwischen Blogs in der arabischen Welt und westlichen Blogs?

Ghazi Gheblawi: In der westlichen Welt behandeln die Blogs vor allem soziale und kulturelle Themen aus einer subjektiven Perspektive. Blogs in der arabischen Welt sind viel stärker politisch, denn Blogging selbst ist schon eine politische Handlung. Über das Internet nehmen Blogger eine Meinungsfreiheit wahr, die ihnen im Alltag oft nicht geboten wird.

Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrem eigenen Blog?

Bild: taz
Im Interview: 

GHAZI GHEBLAWI, 35, lebt in London und hat mehrere Bände mit Kurzgeschichten und Gedichten auf Arabisch wie auch auf Englisch veröffentlicht. Seit August 2005 betreibt er das Imtidad-Blog.

Ich verstehe meinen Blog als Kulturblog. Alle politischen Probleme in der arabischen Welt sind auf kulturelle Probleme zurückzuführen. Wichtig ist es, dass die Kultur der Passivität, auf der staatliche und religiöse Unterdrückung basieren, überwunden wird. Ich setze mich auch mit Stereotypen auseinander, die über Libyen kursieren, und möchte die positive Seite des Landes zeigen. Eine Möglichkeit dazu bietet Literatur - ich übersetze viele libysche Autoren ins Englische und präsentiere sie auf meinem Blog.

Sie leben seit vielen Jahren in London. Können Sie überhaupt als authentische Stimme für Ihr Land gelten?

Das ist in der Tat etwas heikel. Ich bin nur alle zwei bis drei Jahre in Libyen. Ich stehe aber in engem Kontakt mit Korrespondenten vor Ort. 2004 habe ich mit anderen libyschen Journalisten die Onlinezeitung "Libya Today" gegründet. Obwohl wir aus London veröffentlicht haben, waren wir für viele Leute in Libyen die erste Informationsquelle, weil wir nicht der staatlichen Zensur unterlagen.

Wer sind Ihre Leser?

Die meisten Leser sind aus den USA, Großbritannien und Deutschland. Darunter sind natürlich Menschen mit arabischem Migrationshintergrund, die interessiert, was in ihrem Heimatland passiert, aber auch viele nichtarabische Leser.

Gibt es Anzeichen, dass Blogs in der breiten Öffentlichkeit Beachtung finden?

In Ägypten lief während des Ramadan eine erfolgreiche Daily Soap, die auf einem Blog basierte. Die Journalisten der etablierten Medien haben wegen der oft sehr strikten Auflagen eine gewisse Gleichgültigkeit entwickelt. Sie investieren oft keine Zeit mehr in aufwendige Recherche, weil sie die Konsequenzen fürchten. Blogs sind in dieser Hinsicht viel freier. Mittlerweile kommen dank der Blogs Themen in die Öffentlichkeit, die zuvor unbeachtet geblieben wären.

Und die Politik?

2005 wurde in Libyen ein regimekritischer Journalist ermordet. Bis heute gibt es Gerüchte, dass die Regierung involviert war. Nach seinem Tod wurde die Geschichte im Internet weiterverbreitet und zu einem Symbol für den Kampf um Meinungsfreiheit. Seitdem ist die Regierung sehr viel vorsichtiger im Umgang mit Journalisten.

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