Libyen-Affäre: Deutsche Botschaft wusste von Schulungen
Laut der betreffenden Sicherheitsfirma waren die Deutschen Diplomaten über die umstrittenen Schulungen von Polizisten informiert.
KÖLN taz Die deutsche Botschaft in Tripolis war nach Angaben des früheren Geschäftsführers der Sicherheitsfirma BDB Protection über die umstrittenen Schulungen libyscher Polizisten durch deutsche Sicherheitsexperten informiert. "Die Botschaft wusste, was wir taten", sagte Volker B. dem Westfalen-Blatt. Drei- oder viermal habe er sich 2006 mit Botschaftsmitarbeitern zum Essen getroffen. Ob auch ein Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes dabei gewesen sei, wisse er nicht. "Agenten geben sich nun mal nicht zu erkennen."
Noch am vergangenen Montag hatte das Auswärtige Amt mitgeteilt, die Botschaft habe keine Kenntnis von den Aktivitäten der inzwischen insolventen Privatfirma gehabt. Ein Diplomat habe Firmenchef Volker B. nur einmal zufällig bei einem Fußballspiel getroffen und kurz mit ihm gesprochen. "Aus diesem Treffen allein ließ sich der weitere Sachzusammenhang nicht ableiten", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes.
Insgesamt sollen rund 30 aktive und ehemalige Polizisten, Bundeswehrangehörige und Spezialisten mit GSG-9-Hintergrund an dem von Dezember 2005 bis Juni 2006 dauernden Einsatz in dem nordafrikanischen Wüstenstaat von Muammar al-Gaddafi involviert gewesen sein. Volker B. betonte, an der Arbeit seiner Firma sei "nichts geheim und nichts verwerflich" gewesen.
In einer Sondersitzung will sich am heutigen Mittwoch das geheim tagende Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) des Bundestags mit der anrüchigen Ausbildungshilfe in Libyen beschäftigen. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth forderte, auch die Ausschüsse für Auswärtiges, Inneres, Verteidigung und Menschenrechte müssten sich mit der Affäre befassen. Eine Information des PKG hinter verschlossenen Türen reiche nicht aus. "Es gibt offensichtlich schwarze Löcher der Demokratie", kritisierte Roth.
Der nordrhein-westfälische Innenminister Ingo Wolf (FDP) lässt die Urlaubsanträge der vergangenen Jahre aller Beamten von Sondereinsatzkommandos an Rhein und Ruhr überprüfen. Wolf wolle feststellen, ob es auffallend lange Urlaube gegeben habe und die betreffenden Polizisten dann befragen, hieß es aus seinem Ministerium. Den Spezialeinheiten gehören in NRW annähernd 700 Beamte an.
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