piwik no script img

■ Libeskinds Konzept gegen die Monokultur: Der „Alex“ in Berlins historischer MitteEin Platz voller besonderer Plätze

„Eine berlinische Lösung“ nennt Daniel Libeskind seinen Entwurf für die Umgestaltung des Alexanderplatzes, „ihre Radikalität (liegt) im Pluralismus und in der Weigerung, sich an ideologischen Nachhutgefechten in Form von Architektur zu beteiligen“. Vielmehr: „Ein Bekenntnis zur eigenen Geschichte, die sich am Alexanderplatz brennpunktartig verdichtet“.

Tatsächlich soll der Platz seine traditionelle Mittlerfunktion durch Bebauung, Begrünung und Verschönerung der vielen freien Flächen wiedererlangen. Für Anwohner und Besucher des neuen Stadtzentrums sollen öffentliche Räume geschaffen werden, die den Platz wieder heimisch für die Berliner macht und die ihn an seine natürliche Umgebung anbinden. Für diesen „Entwurf sind nicht Höhe und Form der Hochhäuser wichtig, sondern die Artikulation und Modulierung des Fußgängerraums, der horizontal die unterschiedlichen Aktivitäten verbindet“. Der besondere Charme dieses Bebauungs- und Verdichtungskonzepts ist, daß die real existierende Scheußlichkeit nicht großflächig abgerissen, sondern ein- und zugebaut werden soll, so daß sie, wenn ausgedient, auf dem zum neuen Leben erweckten Alexanderplatz auf ganz natürliche Art verschwinden kann.

Typische Bestandteile des Entwurfs von Daniel Libeskind sind das EuroForum und das Alexandrium.

Das EuroForum ist ein Servicekomplex, in dem behördliche und private Institutionen eine Symbiose finden können: Bezirksamt Mitte mit Bürgerberatung und Kommunale Galerie; Ticketverkauf für Fern- und Nahverkehr, Theater und Konzerte, Zimmervermittlung und Fahrradverleih; ein „europäisches Haus“ mit Büros von UN-Kinderhilfswerk, WWF, Weltgesundheitsorganisation, anmesty international und einem Dokumentationszentrum der Umweltbehörden. Das Ganze wird angereichert mit einen bunten gastromischen Mix. Das Alexandrium ist ein kulturelles Zentrum mit Kinos, Theater, Cabaret, Nightshows und Restaurants; mit Platz für Büros und Galerien und auf dem Dach, unter einem weitgespannten, transparenten Flügel, ein dichtbegrünter Park.

Vor vier Jahren wurde Libeskinds Entwurf abgelehnt, obwohl viele der genannten Organisationen gerne diesen Standort hätten und es auch einen interessierten Investor gab. Gewonnen hat den Alex-Wettbewerb ein Entwurf von 16 Bürotürmen, für die erst mal der Großteil der jetzigen Bebauung weichen müßte. Inzwischen ist nichts geschehen, und das ehemalige Herz Berlins ist immer noch eine zugige, unwirtliche Betonwüste.

Einer schrittweisen Belebung des Alexanderplatzes – egal, ob man Libeskinds Vorgaben mehr oder weniger folgen möchte – steht nichts entgegen außer politischer Totalblockade.

Daniel Libeskind zum Prinzip seines Entwurfs: „Er ist streng modular, sein Wachstum ist organisch. Jeder neue Baustein in diesem Plan bringt Stück für Stück eine unmittelbare Verbesserung der Lebensqualität, hin zu einer qualifizierten Dichte in einer menschlichen Dimension, die Herkunft und Zukunft hat.“ A.G.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen