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Liberation

DIE ANDEREN

Waldheim im Irak

„Bravo, Waldheim“, rufen die Österreicher, die sich darüber freuen, daß ihre in Bagdad blockierten Landsleute heimgeholt sind. Doch das Spektakel ist bestürzend: Ein Staatspräsident geht und verleiht einem „Geiselnehmer“ die Achtbarkeit, um die Befreiung eines winzigen Teils der Gefangenen zu erreichen.

Der „humanitäre“ Charakter der Intervention und die Freude der Familien können den Bruch der Solidarität nicht verbergen, den Waldheims Geste darstellt. Man stelle sich vor, die 40 Staaten mit im Irak und in Kuwait blockierten Bürgern würden ihre Staatschefs nach Bagdad schicken, und die würden dort in Saddam Husseins Vorzimmer Schlange stehen, um die Ihren zurückzuholen. Die Rollen wären vertauscht, die internationale Gemeinschaft gedemütigt und das Recht tot. Nur Saddam Hussein wäre der große Sieger, weil er die Aufmerksamkeit von der Besetzung Kuwaits ablenken würde.

Wenn ein Staatschef sich in einen Geiselnehmer großen Ausmaßes verwandelt und ein anderer sich seinem Spiel hingibt, dann ist der eine zynisch und der andere feige.

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