Letzte Worte des Bundestrainers: Von nun an Fan

Bei Joachim Löws Rückblick auf seine Zeit als Bundestrainer menschelt es. DFB-Direktor Bierhoff macht klar, was der Nachfolger liefern soll: Erfolg.

Joachim Löw verlässt das Stadion in London

Abgang: Joachim Löw verlässt Wembley und die Nationalmannschaft Foto: Christian Charisius/dpa

BERLIN taz | Viel passiert ja für gewöhnlich nicht auf so einer Pressekonferenz der Nationalmannschaft. Da sitzt jemand am Podium und es wird immer dann ein wenig laut im Raum, wenn einer oben auf dem Podium den Arm bewegt oder seinen Kopf ein wenig neigt. Dann sorgen die Verschlussgeräusche der Fotokameras für einen ganz speziellen Sound. In Zeiten von Video-PKs gibt es nicht einmal diese Geräusche. Umso intensiver kann das Gesagte wirken. Umso genauer hört man hin, wenn der Bundestrainer spricht. Zumal wenn es seine letzte Pressekonferenz als Angestellter des DFB ist.

Joachim Löw, ehemaliger Bundestrainer

„Mein Herz schlägt weiterhin schwarz-rot-gold!“

Und kaum hatte Löw Platz genommen, fiel wirklich ein Satz, der eigentlich gar nicht zu ihm, der jedes Pathos immer gemieden hat, passt. Ein Satz, den er sich gewiss zurechtgelegt hat: „Mein Herz schlägt weiterhin schwarz-rot-gold!“ Es war in die Zukunft gerichtet, für die er nun ja nicht mehr verantwortlich ist. Da bleibt ihm nichts anderes übrig, als zu beobachten, was sein Nachfolger Hansi Flick aus den Spielern machen wird, denen Löw wünscht, dass sie all das erreichen mögen, was sie sich wünschen.

Sonst betrieb Löw bei seinem letzten Auftritt im Home Ground der DFB-Elf in Herzogenaurach am Tag nach der 0:2-Niederlage im EM-Achtelfinale gegen England natürlich vor allem Vergangenheitsbewältigung. Mehrere Male sagte er, dass er die volle Verantwortung für das Ausscheiden der Deutschen bei diesem Turnier übernehme. Was sonst?

Und natürlich schaute er auch weiter zurück in die 15 Jahre seiner Amtszeit. Er erinnerte an die Anfänge, als es sein Ziel gewesen sei, für die deutsche Mannschaft eine eigene Spielkultur zu entwickeln, einen Schritt über das hinaus zu wagen, was gemeinhin als deutsche Tugenden bezeichnet wird. Und ein wenig stolz blickte er drein, als er meinte, das sei eine ganz besondere Erinnerung.

Dankbarer Trainer

Und auch als er über die vielen Bilder erzählte, die er aus seinen Jahren beim DFB im Kopf habe, von den vielen Gesprächen mit Spielern und Betreuern in erfolgreichen und weniger erfolgreichen Jahren, fiel ein Wort kein einziges Mal: Weltmeister. Seinen großen Titel erwähnte er nicht. Dafür sagte er in typischer Löw-Diktion, bei der sich die Stimme kaum hebt: „Für mich persönlich war der Weg, den ich mit den Menschen gegangen bin, mit den Spielern, mit den Betreuern, das Wichtigste. Wir sind einen langen Weg gegangen. Das sind die Momente, die in Erinnerung bleiben, diese menschliche Seite.“

„Wahnsinnig dankbar“ sei er, dass er das erleben konnte. „Für diese Momente ist man gerne Trainer.“ Man glaubt ihm das glatt, auch wenn man sich denkt, dass ihm der WM-Titel gewiss auch gut gefallen hat.

Neben Löw saß Oliver Bierhoff in Herzogenaurach. Während Löw noch einmal seine Zeit Revue passieren ließ, kam dem DFB-Direktor für die Nationalmannschaften die Aufgabe zu, in die Zukunft zu blicken. Da wurde schnell klar, was der DFB von seiner Nationalmannschaft erwartet. „Wir haben immer den Anspruch, vorne mitzuspielen“, sagte er, als er gefragt wurde, ob die Männernationalmannschaft nun nur noch Außenseiter im Weltfußball sei. Hansi Flick wird also keine Zeit gegeben, bis zur Europameisterschaft 2024 im eigenen Land eine neue Mannschaft aufzubauen. Er soll möglichst schon bei der WM 2022 in Katar liefern. „Am Ende lautet der Auftrag, erfolgreich zu sein.“ Das ist die Ansage.

Dass Flick möglichst nebenbei auch noch junge Spieler entwickelt, auch das wünscht sich Bierhoff. Wie schwer das ist, zeigt die Geschichte der U21-Nationalmannschaft. Die hat 2017 den EM-Titel geholt. Und doch hat es mit Serge Gnabry nur ein Einziger davon in die erste DFB-Elf geschafft. Ob den aktuellen U21-Europameistern da mehr gelingt? Schwierig.

All das sind Dinge, die Joachim Löw nicht mehr zu organisieren braucht. Was er in nächster Zukunft machen wird, weiß er noch nicht. Vielleicht komme ja mal eine Aussprache mit ­Mesut Özil zustande, sagte er. Der sei so wichtig gewesen für die Mannschaft und habe ihn mit seinem Rücktritt dann doch so enttäuscht. Und sonst? Da ist nicht viel. Joachim Löw ist mit sich im Reinen, wie er sagt. Seine Zeit als Bundestrainer ist vorbei. „Jetzt werde ich Fan sein“, sagte er.

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