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Leserfragen zum Leichtathletik-WM-Boykott"Was soll die Aufregung?"

Nach der Ankündigung, dass die taz die Leichtathletik-WM boykottieren wird, hat jede Menge Leserfragen nach sich gezogen. Die Sportredaktion der taz antwortet.

Besucher der Leichtathletik-WM werden nach Wissensstand der taz nicht überprüft. Bild: dpa (Archivfoto vom 14.6.09)

E-Mail von Jürgen Wasserloos:

Was macht Ihr beim nächsten Fußballgroßereignis?

Hingehen und berichten. Wenn man uns lässt.

E-Mail von Sandra Albert:

War die Fußball-WM 2006 wichtig genug, um für eine Berichterstattung die Grundregeln der Pressefreiheit zu verraten?

Es ist richtig, dass die taz damals die Zuverlässigkeitsprüfung zugelassen hat. Das war ein Fehler. Uns war zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst, wie umfänglich geprüft wird und was tatsächlich mit den Daten passiert. Bei der Fußball-WM wurde zum ersten Mal im großen Stil auf Sicherheit von Polizei und Verfassungsschutz geprüft. Über 148.000 Datensätze wurden gecheckt. Die Sicherheitsbehörden sagten damals, es handele sich wegen der Größe und Einmaligkeit der WM um ein singuläres Vorgehen. Doch seitdem werden immer mehr Zuverlässigkeitsprüfungen durchgeführt.

Online-Kommentar von "Tagedieb":

Habt Ihr mal nachgefragt, was passiert, wenn einer Eurer Journalisten zum Beispiel in der Datei "Gewalttäter Sport" aufgeführt wäre?

Falls das Landeskriminalamt in einer Datei fündig wird, dann teilt die Polizei dem Veranstalter folgendes mit. "Über ... liegen im Sinne des Kriterienkataloges Erkenntnisse vor." Nun entscheidet der Veranstalter, also die Berlin Organising Committee GmbH, über die Akkreditierung des Betroffenen. Der Journalist wird gleichfalls von der Polizei informiert, auch darüber, dass er bei der speichernden Behörde eine Datenauskunft einholen kann.

Online-Kommentar von "Pirat":

Wenn der ganze Stadionbereich zum Sicherheitsbereich gehört, was ist dann mit den Besuchern der WM?

Besucher werden unseres Wissens nicht überprüft.

Online-Kommentar von "Tagedieb":

Gibt es keine Klage wegen Einschränkung der freien Berichterstattung?

Nein. Die Krux liegt darin, dass die Berichterstattung selbst nicht eingeschränkt wird, sondern dass der private Veranstalter die Bedingungen für Zugang bestimmen und nicht zu einem Vertragsabschluss gezwungen werden kann.

Online-Kommentar von "Speerwerfer":

Werden denn auch die Sportler kontrolliert?

Nein, nur von den Dopingfahndern. Sie müssen jeden Tag eine Stunde benennen, in der sie garantiert am angegebenen Ort den Kontrolleuren zur Verfügung stehen.

Online-Kommentar von "ZweiterLeser":

Warum hat eigentlich nur die taz noch ein Rückgrat?

Über 3.200 Journalisten haben sich für die Leichtathletik-WM akkreditiert. Viele Kollegen äußerten ihre Bedenken, unterschrieben widerwillig, verhielten sich "partiell unterwürfig", wie der Sportjournalist Jens Weinreich in seinem Blog schreibt, fügten sich aber doch den Bedingungen, um berichten zu können.

Online-Kommentar von "Dr. Wolfgang-P. Bethe":

Was soll die Aufregung?

Wir empfehlen noch einmal die Lektüre der Zeitung von Donnerstag.

Oline-Kommentar von "kopfschüttelnd":

Wofür gibt es Presseausweise überhaupt noch, wenn es doch ständig umständliche Akkreditierungen braucht?

Das fragen wir uns auch.

Antworten: MARKUS VÖLKER, PS

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11 Kommentare

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  • JE
    J. Essen

    Angesichts der von Jens Weinreich in seinem Blog zur Verfügung gestellten Einverständniserklärung, kann sich jedeR selbst ein objektives Bild davon machen, wie die Überprüfung aussieht, der JournalistInnen im Rahmen der Leichtathletik-WM unterzogen werden.

     

    http://jensweinreich.de/wp-content/uploads/2009/08/berlin2009-stasi20.pdf

     

    Da ist es schon schade, dass zahlreiche andere Zeitungen die taz kritisieren, um ja nicht selbst in Rechtfertigungszwang zu geraten.

     

    Selbst wenn der Boykott bei den Veranstaltern nichts bewirken wird - die taz setzt damit zumindest ein wichtiges Thema auf die Agenda. Allein dafür lohnt sich der Boykott. Bin gespannt auf den taz-Sportteil während der Leichtathletik-WM. Eine bessere Chance, als jetzt, ganz exklusiv zu sein, hatte die taz selten ;-)

  • R
    rAleph

    und wieder mal denkt der politikangefressene bürger:

    scheiße, was ist, wenn sich die geschichte wiederholt und berufsverbote wie in den 70ern ausgesprochen werden? gesinnungsfragen und politisches engagement haben in meiner familie schon mal alles über den haufen geworfen und probleme über jahre bereitet. ich sehe die einzig reale chance die öffentlichkeit zu informieren (viele meiner nachbarn und bekannten haben nicht die geringste ahnung was da vorgeht) darin, einen begründeten boykott mit transparenten argumentationen a la taz durchzuziehen.

    supergute, konkrete aktion!!!

  • OL
    Olaf Leitner

    Ach, du gute TAZ, das war eine wunderbare Entscheidung! Aber mal ehrlich - wen interessiert denn nun wirklich, ob ein paar vollgedröhnte Cyborgs eine 100stel Sekunde schneller laufen oder 0,3mm höher hüpfen? Und vielleicht müssen die Labor-Athleten bald ihre Schlüpfer ausziehen, weil das Textil-Doping auch hier verboten wird... Oder man verteilt die Medaillen endlich nach zeitgemäßen Gesichtspunkten: Wer den meisten Stoff eingeballert hat, darf auf's Treppchen. Dann wird es endlich wieder lustig und die TAZ MUSS auch wieder berichten!

  • J
    jan

    allen sport-desinteresierten sei gesagt: der sportteil der taz-online macht spaß. ich bezweifle mal ganz stark, dass diese info der akkreditierungshürden in vielen anderen medien zur sprache kommt. und dadurch zeichnet sich auch dieser teil der taz aus: die berichterstattung geht über wasserstandsmeldungen hinaus! vielen dank und weiter so!

  • WW
    Wolfgang Wilde-Kuckenberg

    Kann die taz nicht durch eine weiße Seite an jedem Tag der WM deutlich machen, dass sie so gravierende Einschränkungen der Pressefreiheit nicht hinzunehmen bereit ist?

  • BP
    Bettina Paris

    Ich lese die taz nicht, weil sie genauso berichtet, wie alle anderen Zeitungen, sondern weil sie politisch wertend und deutlich Stellung nehmend berichtet, dazu gehört auch die Auswahl der Nachrichten. Wenn sie jetzt über die WM nicht berichten wird, so wird dies jeden Tag der WM ein politisches Statement sein zu einer Problematik, die (man bedenke die geplante Internet-Zensur) zur Zeit immer bedenklicher wird.

    Das Nicht-Berichten ist die Nachricht und die Stellungnahme: meine Zustimmung habt ihr - mal wieder! Viele Grüße Bettina

  • V
    vic

    Jetzt habe ich auch eine Frage.

    Müssen wir denn unbedingt Sport in der taz haben? Der geneigte Fan findet überall mehr als genug Information.

    Ich meine hier reichen ein paar Basics.

  • M
    marina

    Was ist eine WM ?

     

    Hab ich da was verpasst ?

     

    ;-))

  • L
    LovePeace

    "Sportveranstaltung, Journalisten werden nur zum Hochsicherheitstrakt vorgelassen, wenn........"

    Wo leben wir?

    Schade, dass die Journalisten sich nicht verbünden und einen Generalstreik (des Nicht-Berichtens) bei solchen Veranstaltern einführen. Wäre doch eine Idee????

  • J
    Johannes

    Ich finde das mit der Überprüfung gut, dann stehen wenigsten in der taz nicht so viele Artikel, die mich sowieso nicht interessieren.

    Ich kauf mir doch nicht die taz wegen dem Sportteil.

  • J
    Jackabum

    Der Reporter macht neben Sport noch Politik und

    berichtet über den G8 Gipfel.

    Kommt in einen Tumult und wird verhaftet.

    Gibt als Beruf Sportreporter bei der TAZ an.

    In der Kartei steht Gewalttäter Sport.

    Man hat dann schnell einen Titel und kritische Journalisten kann man auch fernhalten.