LeserInnenbriefe:
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Schwarzer König und das Jesuskind
betr.: „Im Zweifel für die Würde“, taz vom 3. 1. 17
Ich stimme Ihnen in weiten Teilen unbedingt zu. Allerdings lege ich mein Veto ein, wenn der schwarze Kinderkönig am Dreikönigstag als „Blackfacer“diffamiert wird. Der Legende nach kamen drei Könige zum Jesuskind. Ein schwarzer, ein farbiger und ein weißer König. Diese Könige waren immer gleichberechtigt! Seit ich diese Geschichte in meiner Kindheit gehört habe, fand ich sie sehr schön. Mir vorzustellen, dass die Könige aus ihren unterschiedlichen Ländern, von ihren verschiedenen Völkern kamen, um sich gemeinsam auf den Weg zu machen einem Kind zu huldigen. Eine Metapher für Gleichheit im Sein und im Ziel; und auch für Frieden. Mit Bedauern erlebe ich von Jahr zu Jahr, dass unter den kleinen Königen am Dreikönigstag immer seltener farbige und schwarze Könige zu finden sind. Die Realität sind nur noch Weiße! Auch eine Metapher. Doris Wörler, Rödelsee
Aus allen Völkern der Erde
betr.: „Im Zweifel für die Würde“, taz vom 3. 1. 17
Über Rassismus reden – ja. Und ein klares Nein zu Rassismus! Die Verkleidung von Kindern zu „heiligen drei Königen“ in einen Zusammenhang mit „Minstrel-Shows“ zu bringen, ist allerdings eine totale Verzerrung des Anliegens. Wenn da drei Könige dargestellt werden, die ein Königskind suchen, und diese drei aus drei verschiedenen Völkern stammen, so sind damit drei gleichberechtigte, gleiche Würde besitzende Menschen von hohem Rang unterwegs. Und natürlich verkleiden sich die Kinder, damit diese drei Könige erkennbar werden. Blackfacing ist verwerflich, wenn damit Rassismus gefördert wird. Doch die Darstellung von Kaspar, Melchior und Balthasar steht für das eine Volk Gottes, zusammengekommen aus allen Völkern dieser Erde.
Henny Dirks-Blatt, Essen
Schwarzer Tag, schwarze Null
betr.: „Im Zweifel für die Würde“, taz vom 3. 1. 17
Ich finde es okay, wenn sich Kinder aufmachen und als Heilige Drei Könige verkleidet um die Häuser ziehen. Und wenn sie gerade keinen Südsahel-Afrikaner im Freundeskreis haben, dann spielt einer den Melchior, indem er ein bisschen mit Schminke nachhilft. Im Kirchenlexikon steht dazu: Seit dem 9. Jahrhundert gelte „Melchior als schwarz und als der Vornehmste von allen“. Da bin ich also Rassist, weil ich mich freue, wenn die Kinder an so einem Brauch ihre Freude haben. Als „Bio-Deutscher“ mit einem ordentlichen Schuss jüdischen Blutes (zwei Omas) fühle ich mich gleichzeitig selbst diskriminiert, immer wenn es heißt „Weißer“. Das stimmt als Begriff nämlich so wenig wie „Schwarzer“. Übrigens behauptet Frau Gürler, unsere Kultur verbinde mit dem Wort „schwarz“ negative Assoziationen. Ihr erstes Beispiel: schwarzfahren“. Ich kenne eine Menge Leute, für die ist das eindeutig eine positive Assoziation. „Schwarzer Tag“ – das stimmt, den wünsche ich keinem. Aber was ist mit der „schwarzen Null“? Was ist, wenn einer „ins Schwarze“ trifft? Frau Autorin: Ihre Argumentation hält dem nicht stand, was Sie einfordern. Sie ist nicht „anständig“ und nicht „integer“.
Die Guarani in Paraguay bezeichneten die Argentinier als „kurepi“, inzwischen gilt das für alle Euripiden oder Hellhäuter. Das Wort würde mir auch in unserem Sprachgebrauch gefallen. Kurepi heißt nämlich „Schweinehaut“. Leider sind sie alle dumm da, es hat sich nämlich noch nie eine „Schweinehaut“ über diese Bezeichnung geärgert. Christoph Kehr,Mainz
Klasse statt Rasse
betr.: „Die Stunde der K-Gruppen“, taz vom 27. 12. 16
Geschichte und Kultur der K-Gruppen war nicht bloß Karrierekultur (wenngleich es auch dafür Beispiele gibt). Jene hatten mehr Facetten. Christian Semler war bis zu seinem Tod Redakteur der taz – bestimmt nicht aus Karrieresucht. Einige haben sich bei den Grünen politisch engagiert. Viele haben danach ohne großartige Karrieren in normalen Berufen gearbeitet. Der überwiegende Teil der K-Gruppen-Mitglieder kam aus nichtakademischen Bereichen. Lesenswert das Buch von Andreas Kühn: „Stalins Enkel, Maos Söhne – Die Lebenswelt der K-Gruppen“.
Die Auflösung der K-Gruppen fand rund 10 Jahre vor dem Untergang der Sowjetunion und dem Umbruch Chinas (Kapitalwirtschaft unter KP-Herrschaft) statt. Die Unhaltbarkeit der emanzipatorischen Versprechungen des Kommunismus war bereits absehbar.
Beliebt ist heute auch, einige K-Gruppen-Mitglieder und andere ehemals Linke in Verbindung mit den neuen rechten nationalistischen Strömungen zu setzen. Es gibt solche Leute (wie Horst Mahler) und es gibt auch Berührungspunkte, wie die Vorstellung von einem einheitlichen Gesellschaftskörper. Bei der kommunistischen Linken verläuft der Riss jedoch innerhalb der verschiedenen nationalen Gesellschaften in Form von unversöhnlichen Klassen. Diese Klassen bilden jeweils diese Gesellschaftkörper.
Völlig anders die Rechten. Die Begründung eines nationalistischen Volkskörpers war immer schon schwierig und hat verschiedene Gesichter: Rassismus, gemeinsame Sprache, führende Kultur, eine Religion, Geschichte und anderes mehr. Wesentlich ist hier immer die Abgrenzung und nicht selten kämpferische Haltung gegenüber „den anderen“. Das soziale Heil wird im Ausschluss und der Bekämpfung des nationalistisch gesehenen Anderen und Fremden gesehen. Was aber nicht heißen muss, dass nationalistische Vorstellungen nicht von Teilen der Linken übernommen werden: vor allem, wenn dies als Rettung der eigenen Ideen und Gesellschaftsziele interpretiert werden kann und konnte, sozusagen vorübergehend. HENRIETTE WEIMER
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