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LeserInnenbriefe

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Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Pauschale Aussage

betr.: „Von Kretschmann lernen“, taz vom 11. 4. 16

Soziale Gerechtigkeit erfordert uneingeschränkt beides: den Bildungserfolg von der sozialen Herkunft zu entkoppeln sowie zugleich wirtschaftlich armutsfeste staatliche Grundsicherungsleistungen für Bedürftige, denn ein Kind hält sich bekanntlich nicht nur in Kindergarten und allgemein- sowie berufsbildender Schule auf. Eine gesunde Ernährung, auch zu Hause, ist bekanntlich teurer als das Billigste vom Discounter. Musikschulunterricht und der Besuch einer Jugendkunstschule kosten ebenso zusätzliches Geld wie der Mitgliedsbeitrag und die Ausrüstung für den Sportverein. Das von der ehemaligen Arbeits- und Sozialministerin Ursula von der Leyen initiierte „Bildungspaket“ für Bedürftige ist ja wegen zu hoher bürokratischer Auflagen und zu geringen finanziellen Förderbeträgen grandios gescheitert.

Die Aussage im Artikel, dass Hartz-IV-Empfänger eben keine typischen Grünen-Wähler seien, ist äußerst pauschal: Gerade unter Kultur-, Geistes- und Sozialwissenschaftlern – einer typisch grünen Wählerklientel – gibt es nach wie vor zahlreiche arbeitslose Akademiker, die vielfach direkt nach der Uni wegen Nichterfüllung der für das Arbeitslosengeld I geltenden gesetzlichen Rahmenfristen ohne Umweg im Hartz-IV-System „landen“. Und die Anzahl prekär Beschäftigter, die teilweise ihr Erwerbseinkommen mit ergänzendem Arbeitslosengeld II „aufstocken“ müssen, ist in diesen Bereichen nach wie vor hoch. Wollen die Grünen diese vielfach ökologisch-sozial „tickenden“ potentiellen Wähler zukünftig etwa vollständig der Linkspartei überlassen? ELGIN FISCHBACH, Leimen

Zynische Europapolitik

betr.: „Der Papst erinnert Europa an die Menschenrechte“,taz vom 18. 4. 16

Papst Franziskus hat bei seinem Besuch in Mytilini Europa als die Wiege der Menschenrechte bezeichnet: „Europa ist die Heimat der Menschenrechte.“ Wenn ich den anderen Artikel, „Sie wussten, was sie tun“, und den Kommentar „Das Ende der Rettungslüge“ in der gleichen Ausgabe anschaue, wird der Zynismus der Politik Europas erkennbar, bei der Kapitaleinkünfte beziehungsweise Finanzausgaben höher bewertet werden als die Gesundheit und das Leben von Menschen.

Und nicht nur die Menschenrechte gehen im Mittelmeer baden, sondern durch die Politik der EU wird die Demokratie immer mehr ausgehöhlt. Menschen, Umwelt und Demokratie werden zugunsten einer sich immer extremer drehenden Spirale von Kapitalmaximierung geopfert, ob als Flüchtlinge, als Kriegsopfer oder als Arme dieser Welt, im Gegensatz zu den Reichen; siehe Panama Papers. ALBERT WAGNER, Bochum

Bitte am Ball bleiben

betr.: „Europa schafft sich ab“, taz vom 15. 4. 16

Was die verantwortliche Planungsgruppe, im gegebenen Fall die Botschafterkonferenz im Auftrag nationaler Regierungen und dabei maßgeblich auch der deutschen, ausgearbeitet hat, ist nicht weniger als die Vorbereitung systematischer Beihilfe zu Freiheitsberaubung, Folter und Mord. Und es ist nur konsequent, dass das Protokoll der Beratungsergebnisse streng vertraulich bleiben sollte, denn wer die Begünstigung derartiger Verbrechen vorhat, muss einen solchen Plan ebenso geheimhalten, wie es deren unmittelbare Akteure zu tun pflegen.

Die Zertifizierung von immer mehr Staaten als „sicheren Herkunftsländern“ ist offensichtlich dem Zweck geschuldet, nationales Asylrecht und internationale Flüchtlingskonventionen tendenziell vollständig auszuhöhlen, ohne das eine und das andere buchstäblich aufzukündigen. Und die Wertmaßstäbe von Faschisten und Rassisten, die „Fremdrassigen“ und „kulturfremden Elementen“ den Zutritt zu Europas Ländern verweigern wollen, werden, wenn wir diesen Tendenzen nicht die Stirn bieten, zu Teilen der Verfassungswirklichkeit unserer Länder. Deshalb sei den „Geheimnisverrätern“ herzlich gedankt und ebenso „Monitor“ und der taz für die Weiterverbreitung. Bitte am Ball bleiben! JÜRGEN KASISKE, Hamburg

Neues Bewusstsein entwickeln

betr.: „Billiges Geld, billige Sprüche“, taz vom 15. 4. 16

„Billiges Geld“ bedeutet Staatsversagen, weil der im Wirtschaftsprozess erzeugte „Überfluss“ an Geld nicht für die immer notleidenden öffentlichen Aufgaben herangezogen wird. Dafür stehen genug private Einkommen, Erbschaften und sonstige Vermögenswerte zur Verfügung, für die sogar händeringend nach „Anlagemöglichkeiten“ gesucht wird. Jetzt muss sich vor allem die „SPD“ an ihre soziale Verantwortung erinnern und konkrete steuerfinanzierte Programme für Bildung, Gesundheitsversorgung, Integration der Flüchtlinge, ausreichende Grund- und Altersversorgung entwickeln (und sich damit auch aus ihrer Dauerkrise befreien). Die engagiert geführte Debatte muss ein neues Bewusstsein für unseren Staat und die Gesamtverantwortung auch des Mittelstandes und der Oberschicht entwickeln: Ein funktionierender (Sozial-) Staat ist die beste „Anlagemöglichkeit“ für unsere gemeinsame Zukunft, einschließlich unserer Gäste aus dem Ausland. HENNING VON HOERNER, Hannover

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