Lesben und Schwule bei US-Armee: Kongress hebt Homo-Bann auf
In anderen Streitkräften ist es längst gang und gäbe, jetzt ziehen endlich auch die USA nach: Geoutete Lesben und Schwule dürfen künftig als Soldaten dienen. Das ist auch ein Erfolg für Obama.
WASHINGTON dpa | Homosexuelle jubeln, Präsident Barack Obama spricht von einem "historischer Schritt": Bekennende Schwule in den USA dürfen künftig die Uniform tragen. Nach monatelangem heftigen Ringen stimmte der Senat am Samstag für die Aufhebung eines Gesetzes von 1993, das geoutete Homosexuelle aus den Streitkräften verbannte.
Rund 14 000 schwule Soldaten wurden in den vergangenen 17 Jahren wegen ihrer sexuellen Orientierung entlassen, Tausende andere konnten nur bleiben, weil sie schwiegen oder logen. Eine Gruppe von Republikanern um den früheren Präsidentschaftskandidaten John McCain zog bis zuletzt alle Register, um eine Änderung zu verhindern.
Die Entscheidung fiel dann schließlich mit 65 gegen 31 Stimmen, acht Republikaner schlugen sich auf die Seite der Demokraten. Das Abgeordnetenhaus hatte den Schritt schon am Mittwoch gebilligt. Obama will das neue Gesetz vor Weihnachten unterzeichnen.
Allerdings wird es danach noch mehrere Monate lang bei der alten Regelung bleiben. Erst sollen die nötigen Vorbereitungen für eine Integration der Schwulen getroffen werden. Dazu gehört etwa die Frage der Wohnquartiere. Dann müssen Obama und Verteidigungsminister Robert Gates dem Kongress offiziell bescheinigen, dass die Änderung sich nicht negativ auf die "Effektivität" der Streitkräfte auswirken wird.
Das Kongressvotum ist ein großer Sieg für Obama: Dass schwule Soldaten ihre sexuelle Orientierung künftig nicht mehr verheimlichen müssen, war eines seiner größten Wahlkampfversprechen. Mit dem Abstimmungserfolg konnte er zudem Liberale besänftigen, die er kürzlich durch einen Steuerkompromiss mit den Republikanern vergrätzt hatte.
So würdigte Obama die Änderung auch schon kurz vor der Abstimmung als historischen Schritt. "Es ist an der Zeit anzuerkennen, dass Opfer, Tapferkeit und Integrität nicht mehr von sexueller Orientierung definiert werden als sie es durch Rasse oder Geschlecht, Religion oder Glauben sind."
Auch Gates und Generalstabschef Mike Mullen hatten sich für eine Aufhebung des Schwulenverbots eingesetzt. Bestärkt wurden sie durch das Ergebnis einer umfassenden Umfrage in den Streitkräften: Demnach erwarten zwei Drittel der Soldaten keine Probleme durch die Öffnung des Militärs für geoutete Schwule. Allerdings gibt es in einigen Teilen der Kampftruppen, vor allem bei den Marineinfanteristen, deutliche Vorbehalte.
Auch die Gegner einer Änderung unter den Republikanern warnten, eine Zulassung werde die Kampfmoral schwächen. Sie werde, zumal in Kriegszeiten, zu gefährlicher "Ablenkung" führen und Menschenleben kosten, sagte McCain.
Dagegen fielen sich Homosexuelle nach der Abstimmung auf dem Washingtoner Kapitol in die Arme, sprachen von einem großen, ja monumentalen Tag. "Es war ein langer Marsch zur Chancengleichheit", sagte ein schwuler Ex-Soldat, der sich nach seinem Rauswurf jetzt wieder neu bewerben will. "Es war eine lange Schlacht, aber die Diskriminierung wird nun Geschichte sein", formulierte es Joe Solmonese von der Schwulenorganisation Human Rights Campaign.
Die republikanische Senatorin Susan Collins, die für die Aufhebung des Homo-Banns gestimmt hatte, dankte allen Schwulen und Lesben, die zurzeit im Irak und Afghanistan ihren Kopf hinhalten: "Mit diesem Votum ehren wir ihren Dienst an der Nation."
Die Regel "Don't ask don't tell" (Frage nicht, sage nichts) war unter dem früheren Präsidenten Bill Clinton eingeführt worden, um Schwulen und Lesben überhaupt die Möglichkeit zum Militärdienst zu eröffnen. Das heißt, sie konnten dienen, wenn sie ihre sexuelle Orientierung geheim hielten, und sie wurden bei Bewerbungen auch nicht danach gefragt.
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