Leipziger "Tatort": Die Empörungssmaschine stapft
Wessi auf Ost-Terrain: Im "Tatort: Falsches Leben" ( So 20.15 Uhr, ARD) geht es um unappetitliche Kapitel des Unrechtsstaates DDR. Und dann taucht Thekla Carola Wied auf.
Leipzig ist klein, aber für den zugezogenen Ermittler trotzdem ein einziges Mysterium. Und so kommt es, dass Kommissar Andreas Keppler (Martin Wuttke) nun seit schon sieben „Tatort“-Folgen in jenem Hotelzimmer wohnt, in dem einst die legendär umtriebige „KOKO“ wichtige Transaktionen tätigte. „KOKO“ – das sagt dem Wessi natürlich erst einmal wieder nichts. Dabei hat die sogenannte „Kommerzielle Koordinierung“, die einst in der DDR unter Alexander Schalck-Golodkowski für die Devisenbeschaffung zuständig war, eine zentrale Funktion in dem Verbrechen, das er gerade untersucht.
Denn der Brandanschlag auf ein Jugendzentrum, bei dem ein Mensch ums Leben gekommen ist, führt über Umwege zu den Stadtplanungs-, Devisen- und Totalitarismus-Sünden der DDR-Oberen. Offensichtlich steht der Mord im Zusammenhang mit der Sprengung der Paulinerkirche im Jahr 1968, in dessen Folge viele Protestierende hinter Gitter kamen und allerlei Kunstschätze in den Westen verschachert worden sind.
Und Schaltzentrale für diese Geschäfte war eben Kepplers kleines ungemütliches Hotelzimmer. So gesteht ihm jedenfalls beim Schach-Spiel sein Wirt – der denn auch gleich abwiegelnd hinzufügt, dass man die Stasi-Kameras von einst, mit der alle Transaktionen gefilmt worden sind, inzwischen natürlich abmontiert hat. Klar, dass da mal wieder Kepplers Befremden angeheizt wird.
Eigentlich folgt man diesem Wessi ja ganz gerne durch den fremden Osten; tuckert mit ihm in der Straßenbahn die Peripherie entlang, sieht ihn keuchend unübersichtliche Hinterhöfe durchqueren und missgünstig die Leipziger Beamtenmischpoke beobachten. Keppler sieht alles, versteht aber erst einmal nichts. Das macht ihn im gewisser Weise zum perfekten Krimi-Lotsen: Er führt den Zuschauer durch die Handlung – ohne ihm das Denken abzunehmen.
Blöde nur, dass ihm die MDR-Redakteure die Empörungsmaschine Eva Saalfeld (Simone Thomalla) zur Seite gestellt haben. Denn die stampft immer mit den hochhackigen Schuhen auf, bevor das Täterrätsel überhaupt eine kriminalistische Wendung genommen hat. Diesmal stampft Saalfeld wieder ganz besonders energisch, denn in „Falsches Leben“ (Regie: Hajo Gies, Buch: Andreas Pflüger) geht es um Grabraub, Devisenschacher, Zwangsadoption und andere unappetitliche Kapitel des Unrechtsstaates.
So interessant das klingt – spätestens, wenn ausgerechnet Thekla Carola Wied („Ich heirate eine Familie“) in der Rolle der misshandelten Mutter und missbrauchten Kunsthistorikerin auftritt, steigt man aus diesem DDR-Aufarbeitungs-Krimi aus. Die Chefmutti des Westfernsehens als Chefanklägerin der Ostdiktatur? Lieber nicht.
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