Leichte Beute im Pariser Museum: Kunstraub ohne Alarmanlage
Seit Monaten war das Pariser Museum für Moderne Kunst ungesichert. Die Angestellten wussten darüber Bescheid. Und auch die Behörden wussten Bescheid. Nur passiert ist nichts.
PARIS taz | Was zunächst nur eine Vermutung war, wurde inzwischen offiziell bestätigt: Die Alarmanlage des Pariser Städtischen Museum für Moderne Kunst (MAM), aus dem in der Nacht auf den Donnerstag fünf äußerst wertvolle Gemälde gestohlen worden sind, war außer Betrieb. Und dies seit mindestens zwei Monaten. Das Personal hatte dies auch längst pflichtgemäß gemeldet, die Direktion war informiert, die zuständigen Behörden der Stadt Paris auch. Doch gemacht wurde erst mal gar nichts.
Dieser Schlendrian kommt die französische Hauptstadt nun teuer zu stehen, denn inzwischen weiß man auch, dass die Bilder, die einen Schätzwert von annähernd hundert Millionen Euro haben sollen, nicht versichert waren. Das ist nicht so erstaunlich, wenn man weiß, auf welchen immensen Kunstschätzen die Pariser Museen sitzen. Allein die Reserve des Louvre umfasst rund 250.000 Objekte, das Centre Pompidou besitzt 60.000 Werke, zur Sammlung des vom Diebstahl betroffenen MAM gehören 8.000 Bilder und Skulpturen.
Der für die Kulturpolitik zuständige Vizebürgermeister Christophe Girard räumte auf Anfrage die Panne des Alarmsystem ein. Er habe unverzüglich alle Museen in Paris ersucht, ihre eigenen Sicherheitsvorkehrungen zu überprüfen. Der Kulturverantwortliche ist überzeugt, dass es sich bei den unbekannten Dieben, nach denen weiterhin fieberhaft gefahndet wird, "um zweifellos gut informierte wahre Profis handeln muss".
Da ein großer Teil der Angestellten des MAM vom Ausfall der Einbruchssicherung wusste, stellt sich heute natürlich zwangsläufig auch die Frage, wer den Kunsträubern den Tipp gegeben haben könnte. So leicht allerdings, wie den Räubern der Coup gemacht wurde, müssen es nicht zwangsläufig Profis gewesen sein.
Sie wussten, dass keine Sirene losgehen würde, als sie durch ein aufgebrochenes Fenster einstiegen, zudem entwischten sie weitgehend der Videoüberwachung, die angeblich nur die undeutliche Silhouette einer Gestalt festhalten konnte. Anschließend wählten die Einbrecher ihre Beute mit einigem Sachverstand aus, vier der fünf gestohlenen Bilder, darunter ein Picasso und ein Matisse, befanden sich im selben Saal.
Die schlimmste Befürchtung der Museumsdirektion ist es, dass die Kunstdiebe die Bilder, die sie offenbar sorgfältig aus den Rahmen gelöst hatten, in der Panik ihrer Flucht beschädigen oder gar vernichten könnten. Da die Kunstwerke, wie häufig in solchen großen Sammlungen in öffentlichem Besitz, nicht versichert waren, kann kaum mit einem "Art-napping", einer Rückgabe gegen ein Lösegeld, gerechnet werden.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen