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Leicht ernüchtert

Die Hockey-Weltmeisterschaft in Kuala Lumpur wird für die deutschen Männer keineswegs zum Selbstläufer

KUALA LUMPUR taz ■ Christoph Eimer, der Spielgestalter der deutschen Hockey-Herren bei der Weltmeisterschaft in Kuala Lumpur, gab sich erst gar nicht die Mühe, die Dinge zu beschönigen. „Das war ein Schuss vor den Bug“, beurteilte der Mann aus München die 2:3-Niederlage gegen Spanien, den deutschen Angstgegner, freilich mit der Hoffnung verbunden, dieser sei gerade noch „zur richtigen Zeit“ gekommen. Und immerhin folgte ja in der Tat und schon am Tag darauf, im vierten Gruppenspiel der Deutschen also, ein 3:0-Sieg, der dritte im Turnier und diesmal gegen Belgien. Dank diesem liegt die deutsche Mannschaft zumindest wieder auf Halbfinalkurs. Es kann also noch alles gut werden.

Die Luft ist dennoch dünner geworden für die Männer vom Deutschen Hockey Bund, und der erhoffte „Durchmarsch“, von dem man im deutschen Lager nach den vor der WM gezeigten Leistungen ausgegangen war, in weite Ferne gerückt. Schon deswegen dürfte die etwas unverhoffte Niederlage gegen die Spanier ernüchternde Wirkung nach sich gezogen haben, zumal das 2:3 nach dem Spielverlauf als eher schmeichelhaft zu bezeichnen ist. Vor allem in der Chancenauswertung hatte es ungewohnte Schwächen gegeben, die DHB-Angreifer Christoph Bechmann und Sascha Reinelt vergaben leichtfertig gleich mehrere hundertprozentige Möglichkeiten. Das rächte sich – und es erhöhte die Zahl der potenziellen Kandidaten aus der deutschen Gruppe A fürs Halbfinale auf sage und schreibe vier. Denn plötzlich mischt auch Spanien, das viele nach zehn eher schwächlichen Jahren bereits totgesagt hatten, wieder mit im Kampf um die WM-Medaillen. Neben Deutschland, das nach einer eindrucksvollen Serie und dem Gewinn der Champion’s Trophy als Favorit nach Kuala Lumpur gereist war, unterstrichen bereits Pakistan sowie Titelverteidiger und Olympiasieger Niederlande mit jeweils drei gewonnenen Gruppenspielen Ambitionen auf einen Platz unter den letzten vier. Doch auch Pakistan leistete sich mit der 1:2-Niederlage gegen Argentinien bereits einen Ausrutscher und hat nun mit den noch ausstehenden Spielen gegen Holland und Deutschland eine mehr als harte Nuss vor sich, derweil sich Holländer und Spanier unentschieden trennten, was wiederum Deutschland vor dem Spiel am heutigen Samstag (8.05 Uhr MEZ) gegen Neuseeland auf den dritten Gruppen- und ersten nicht Halbfinalplatz beförderte, punktgleich mit den Pakistani.

Die deutsche Mannschaft will sich mit einem Zwischenziel wie dem Erreichen des Halbfinals diesmal aber dennoch nicht zufrieden geben. „Wir wollen Weltmeister werden“, lautet vielmehr und ungewohnt offen der Tenor. Schließlich handelt es sich dabei um einen Titel, dessen Gewinn einer deutschen Mannschaft bisher stets versagt blieb. „Es ist Zeit, dass wir mal etwas Richtiges gewinnen“, meint denn auch Stürmerstar Oliver Domke, konsequent an diesem Vorhaben gearbeitet wurde seit der Olympiapleite im Jahr 2000 in Sydney. Vielleicht zeigte sich Bundestrainer Bernhard Peters auch deshalb wenig beeindruckt von der Gruppeneinteilung bei dieser WM, die Deutschland mit Holland, Pakistan, Spanien, Argentinien, Südafrika, Belgien und Neuseeland zu einer echten „Todesgruppe“ zusammengebracht hat.

Hinzu kommt, dass die sintflutartigen Regenfälle, die sich immer wieder über Land und Hockeyfeld ergießen, dem schnellen deutschen Kombinationsspiel nicht gerade entgegenkommen, auch bei den Strafecken wollte es bisher noch nicht so recht klappen, weil die Spieler durchaus ihre Probleme mit dem Halt und der Tiefe des Platzes haben. Vor allem der deutsche Kapitän Florian Kunz scheint davon Leidtragender: Beendete er die letzten Turniere stets als Torschützenkönig, traf er in Kuala Lumpur bisher noch nicht einmal. CLAUDIA KLATT

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