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Lehrstellen für JugendlicheJahrelang im Übergang

Viele Jugendliche ohne Lehrstelle verlieren sich im Wirrwarr von Übergangsmaßnahmen. Die Regierung wollte entrümpeln, doch bisher geschieht wenig.

Einige Glückliche haben schon eine Lehrstelle, Tausende warten noch. Bild: dapd

BERLIN taz | Es ist ein großes Versprechen: Jeder Jugendliche in Deutschland soll eine Lehre machen können, haben es CDU/CSU und FDP in ihrem Koalitionsvertrag versprochen. Gründlich entrümpelt werden soll das sogenannte Übergangssystem, in dem Jugendliche ohne Ausbildungsplatz oft eine Maßnahme nach der nächsten machen – bis sie selbst nicht mehr an einen Berufsabschluss glauben.

„Maßnahmen sollen grundsätzlich – auch mit Hilfe von Ausbildungsbausteinen – auf Ausbildung und Berufsabschluss ausgerichtet werden“, heißt es im schwarz-gelben Koalitionsvertrag. Die Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Grünen, die der taz vorliegt, zeigt: Bisher passiert wenig um den kritisierten Maßnahmendschungel.

Die Regierung habe die Förderprogramme überprüft und „allgemeine Kriterien erarbeitet“ für künftige Übergangsmaßnahmen, heißt es darin recht vage. Von der Entrümpelung des bestehenden Übergangssystems liest man wenig.

Kai Gehring, bildungspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, wirft Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) Tatenlosigkeit vor: „In sieben Jahren Regierungszeit hätte für ausbildungsinteressierte Jugendliche mehr geleistet werden müssen als eine Bestandsaufnahme des breiten Angebotswirrwarrs“, so Gehring. „Dass noch immer knapp 300.000 Jugendliche in ineffizienten und chancenarmen Warteschleifen geparkt sind, ist alarmierend.“

Beim Versuch, förderbedürftige Jugendliche statt über Übergangsmaßnahmen auf direktem Weg in die Ausbildung zu bringen, sind die Erfolge eher punktuell. Ein Projekt sind hier die sogenannten Bildungsketten, eine Initiative von Bund und Ländern, die schon in der Schule ansetzt. Ausbildungslotsen begleiten Jugendliche dabei kurz vor dem Schulabschluss bis ins erste Lehrjahr und unterstützen sie.

Das Problem: Solche Projekte gibt es nicht bundesweit. Das Bundesbildungsministerium hat bisher lediglich mit Hessen, Thüringen und Baden-Württemberg Vereinbarungen schließen können, um die „Bildungsketten“ fest zu verankern; mit weiteren Ländern sei man im Gespräch, heißt es in der Anfrage. „Dieser Prozess wird 2012 mit den Ländern fortgesetzt.“

Für Grünen-Politiker Gehring zeigt das, dass das Ziel aus dem Koalitionsvertrag nur erreicht werden kann, wenn das Kooperationsverbot für Bund und Länder im Schulbereich kippt.

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5 Kommentare

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  • D
    Denker

    Das Schlimmste ist, dass im deutschen selektierenden Schulsystem Kinder nach 9 Jahren die Schule verlassen, ohne ordentlich lesen, schreiben und rechnen zu können. Und das im Land der "Dichter und Denker". Diese Leistung schaffen nur wenige Lehrer auf dieser Welt

  • W
    www

    @Banse

     

    in DE muss aber alles immer praxisnah sein, weshalb man in Sachsen sogar schulische Ausbildungsgelegenheiten abbaut, weil sie als Konkurrenz zur betrieblichen Ausbildung gesehen werden. Dabei wäre das für viele eine Alternative, aber die Wirtschaft und Kammern wollen das hier nicht.

     

    deshalb müssen die immer ungelernt bleiben, die nichts kriegen. Weil das in DE die Wirtschaft so will. Behauptet zumindest der Autor Rothe in seinem Buch "Lissabon und die duale Ausbildung" wenn man zwischen den Zeilen liest.

     

    DE legt zu extrem Wert auf Praxisnähe - das kritisier ich auch an den "Ausbildungsbausteinen" in einer ersten Förderrunde wurden 60 Mio für nur wenige 100 Jugendliche abgedrückt - das ist ne Gelddruchmaschine für Bildungssträger

     

    außerdem werden die ja wieder nur betrieblich ausgebildet -- anderswo steht auch die Persönlichkeitsentwicklung im Fokus.

     

    der Unterschied ist der, dass man in DE wohl wirklich nur "Arbeiterkind" sein soll während andere wenigstens einen weiteren Bildungsauftrag sehen und den auf Wunsch auch mitgeben.

     

    nur NRW bietet mittlerweile gehäuft einige schulische Alternativen, z.B. für Fachinformatiker, die sich bei fehlendem Betrieb dann schulisch mit Abitur ausbilden lassen können.

     

    eine Beteiligung der wirtschaft, die ja immer "Fachkräftemangel" brüllt könnte man wie in Dänemark gewährleisten.

     

    angeblich haben wir doch überall Fachkräftemangel. Die Wahrheit ist, es wurde in vielen Bereichen zu wenig ausgebildet. Andere wie der ÖD und Friseure wiederum haben lange Zeit "Überbedarflich" ausgebildet - oft für die Arbeitslosigkeit oder Niedriglohnsektor.

     

    und die gesamte Berufsorientierung in DE läuft ebenfalls falsch -- mittlerweile oft zu früh - was soll die Indoktrination in manchen bayerischen Hauptschulen ab Klasse 5 mittlerweile?

     

    das ist überhaupt nicht altersgemäß, was da teilweise abläuft. Die Berufsorientierung in DE kommt ja immer früher. Man muss sich immer vor Augen halten, dass man damit in vielen Ländern oft viel später beginnt.

     

    bei den Klagen über fehlende Ausbildungsreife gehts wohl in erster Linie um fehlende allgemeine Bildungskompetenzen und nicht darum, dass zu wenig Betriebe besichtigt worden. Das interessiert nicht, ob da jemand 300 Betriebe besichtigt hat - der soll die Kulturtechniken beherrschen und rechnen können.

     

    ich für meine Fälle möchte nicht dass meine Kinder hier indoktriniert werden - angemessenes Alter zur Berufsorientierung fängt wohl eher in der Oberstufe richtig an.

  • L
    Laempel_Salzgitter

    Nirgendwo wird so schamlos gelogen wie bei der Situation auf dem Ausbildungsmarkt. Ich habe die Statistik für die Stadt Salzgitter angefertigt und stets sind diese Zahlen in der Schublade verschwunden. Es passt weder einer CDU-FDP noch einer SPD, dass in Wirklichkeit inden letzten fünf Jahren nur rund 13 % der Schulabgänger von Haupt- Real- und höherer Handelsschule in Salzgitter einen Ausbildungsplatz bekommen haben.

     

    Hier wird systematisch die Bevölkerung verdummt. Stattdessen berichtet die Presse devot und weil der Verlag dabei auch mtimacht, über hymnisch über neue einzigartige Konzepte zur Qualifizierung der Jugendlichen. Sie feiern und beweihräuchern sich selbst. Das ist die Wahrheit.

     

    Was geschieht mit denen, die keinen Ausbildungsplatz bekommen? Nun,sie gehen weiter zur Schule, oder kommen in diese obskuren Weiterbildungsmaßnahmen. Von dort haben sie dann ebenso viel Chancen auf einen Arbeitsplatz wie ein "Ein-Euro-Jobber" auf eine Festanstellung im ersten Arbeitsmarkt.

     

    Es ist eine traurige Tatsache in dieser Sockenschussrepublik. Unangenehme Tatsachen werden mittels Medien verschwiegen oder umgelogen und die Bevölkerung in falscher Idylle gewiegt.

  • WB
    Wolfgang Banse

    Garantie für alle Schulabgänger

    Alle Schulabgänger sollten eine Garantie in Form ein es Rechtsanspruchs erhalten,eine Ausbildung im schulischen sowie im betrieblichen Bereich zu absolvieren.

    Ohne ausbildung wird esa immer schwieriger in sogenannte Nischenfunktionen zu schlüpfen,um seinen Lebensunerhalt durch Arbeit bestreiten zu können.Maßnahmen kosten viel Geld,bewirken aber nichts i Bezug auf eie Ausbildungsstelle.

    Besonders benachteiligt sich Schulabgänger mit einem Handicap.Sie bekommen kasum eine Chance auf den ersten sogenannten Ausbildungsmarkt eine Ausbildung zu durchlaufen.

  • A
    alf

    ...die sehen ja super glücklich aus ! Schuften für die Überproduktion! Die Konkurrenz schläft nicht! Hauptsache, wir machen irgendwas!