Legehennen: Für ein bisschen mehr Platz
Seit dem 1. Januar 2010 sind Legebatterien gesetzlich verboten. Aber halten sich die Eierproduzenten daran? Und hilft die neue Kleingruppenhaltung den Hennen weiter?
Wenn es nach dem Gesetz ginge, dann gäbe es seit dem 1. Januar 2010 in Deutschland keine Legebatterien mehr. Keine Käfige mehr, in denen der Platz pro Henne 550 Quadratzentimeter beträgt, also weniger als die Fläche eines DIN-A4-Blattes.
Die Frage aber ist, ob das Verbot von den Eierproduzenten auch beachtet wird. Klarheit darüber wird es in Niedersachsen, dem Land mit der bundesweit höchsten Nutztierdichte, erst Mitte Januar geben. Dann nämlich liegen die Berichte der Landkreise vor, in denen stehen wird, ob die Legebatterien tatsächlich abgeschafft wurden.
Warum diese Skepsis? Weil es schlechte Erfahrungen gibt. Eigentlich gilt das Legebatterie-Verbot nämlich schon seit dem 1. Januar 2009. Viele Eierproduzenten aber klagten über Schwierigkeiten beim Umbau der Ställe, Lieferengpässe, organisatorische Schwierigkeiten und beantragten eine Verlängerung der Frist, die sie auch bekamen. Bis zum 1. Januar 2010.
Kleingruppenhaltung hört sich idyllisch an und wird von den Produzenten gerne auf die Packungen geschrieben. Das ändert nichts daran, dass es sich dabei um Eier aus Käfighaltung handelt. Das sieht auch das Verbraucherschutzministerium so, weswegen die Eier mit einer "3" markiert sind.
Eine "2" bezeichnen Eier aus der ebenfalls engen Bodenhaltung.
Mit einer "1" sind Eier aus Freilandhaltung und mit einer "0" die aus ökologischer Haltung markiert. Der Tierschutzbund empfiehlt Verbrauchern, ausschließlich Eier aus diesen beiden Kategorien zu kaufen.
Am Dienstag sagte dann der Präsident des niedersächsischen Landesverbandes der Geflügelwirtschaft, Wilhelm Hoffrogge, der deutschen Presseagentur dpa: "Es gibt noch eine ganze Reihe von Betrieben in der Umstellungsphase. Diese wird mindestens ein halbes Jahr dauern."
Also wieder eine Fristverlängerung? Hoffrogge meinte mit der "Umstellungsphase" Baumaßnahmen und nicht den Fortbetrieb der Legebatterien. Aus dem niedersächsischen Landwirtschaftsministerium heißt es: "Nach unseren Kenntnissen gibt es in Niedersachsen keine Hühner mehr in Legebatterien", so Sprecher Gert Hahne. Und der Geschäftsführer des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, sagt: "Den Worten von Herrn Hahne muss ich Glauben schenken". Wichtig sei aber, dass die Bestätigungen der Landkreise öffentlich gemacht würden, damit kein Zweifel bleibe. Schröder: "Wir haben in Niedersachsen in Sachen Legehennen-Haltung schon zu viel erlebt."
Zudem bleibt die Frage, ob das Aus für die Legebatterien tatsächlich eine Verbesserung für die Hennen bedeutet. Die meisten Betriebe stellen auf Kleingruppenkäfige um und die sind umstritten: Die Hennen haben darin nur geringfügig mehr Platz. Bis zu 28 Hennen dürfen auf 2,5 Quadratmetern gehalten werden, wozu Bernhard Hörning von der Fachhochschule Eberswalde der SZ sagte: "Vermutlich können Hühner in Gruppen dieser Größe keine stabile Rangordnung mehr herstellen" - und reagieren mit Aggressionen.
Werner Bessei vom Institut für Tierhaltung und Tierzüchtung der Universität Hohenheim sagt dagegen, im Vergleich zur Boden- oder Freilandhaltung bedeuteten die kleinen Gruppen weniger Stress für die Tiere und eine geringere Gefahr von Kannibalismus.
Dem wiederum entgegnet Vera Steder vom niedersächsischen Tierschutzbund: "Die Freilandhaltung ist die einzige artgerechte Haltung. Allerdings muss man dort besondere Zuchtlinien einsetzen, damit es nicht zum Federpicken und anderen Verletzungen kommt."
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