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Archiv-Artikel

Leere, hell ausgeleuchtet

Spiel mit den Stühlen – Ausdruck des menschlichen Mit- und Gegeneinander

Weiße Stühle in weißer eleganter Kulisse, die herein- und hinausgetragen, neu gruppiert und arrangiert werden als Ausdruck des Mit- und Gegeneinanderagierens, der Vereinzelung, des (unverbindlichen) Zusammenkommens und Auseinandergehens. Jeder der Wohlstands-Sommergäste sucht etwas und kann es nicht finden.

Weiße Wände, Glas und Sand bilden den idealen Hintergrund, um die Verhaltensweisen und Charaktere der Sommergäste zu spiegeln.

Warwara – die Frau im (hoffnungs-)grünen Kleid empfängt ihre Gäste mit anfangs verständnis- und rücksichtsvollem Gleichmut. Sie kann sich noch nicht eingestehen, dass sie nicht in diese Gesellschaft von etablierten Bürgern der russischen Intelligenz gehört, die letztendlich unfähig sind, an ihrem Leben und den gesellschaftlichen Gegebenheiten etwas zu ändern.

Erst zum Ende des Stückes geht sie enttäuscht und wütend weg, ihren eigenen Weg zu finden. Sie hat keine Gleichgesinnten gefunden und sie wurde schwer beleidigt von ihrem Ehemann, mit dem sie zwar verheiratet aber der nicht ihr Mann ist. Er will nicht begreifen, dass er sie verloren hat. Bloß gestellt vor der sommerlichen Gesellschaft spuckt er aus: „Die Fotze hat auch was zu sagen.“

Sehr gut werden innere Leere, Einsamkeit und Depression kaschiert durch schmerzende Ausgelassenheit, alkoholische Betäubung oder eifrige Geschäftsmäßigkeit: Frauen, die die Männer verachten. Gehässigkeit sich selbst und anderen gegenüber. Unerfüllbare Sehnsucht nach Respekt, Aufmerksamkeit, Zärtlichkeit und Liebe.

Eine starke Ensembleleistung, ein starkes Bühnenbild geben dem Zuschauer die Möglichkeit, in den Spiegel zu schauen und sich zu fragen: Wann soll das Stück geschrieben worden sein? War es nicht gerade eben?

Es gibt in dieser Inszenierung viel zu entdecken, vor allem wohlbekannte Verhaltensweisen und Facetten. Thea Kleinert