: Ledernacken landen in Saudi-Arabien
■ USA: Cheney erwägt Mobilmachung von Reservisten / Jordaniens König trifft Bush / Spekulationen über versöhnliche Botschaft Saddam Husseins / USA verteidigen militärische Blockadeaktionen
Washington (ap/dpa) - US-Präsident Bush hat die Position der Vereinigten Staaten verteidigt, notfalls mit militärischen Mitteln die UN-Sanktionen gegen den Irak durchzusetzen. Eine „UN-Flagge“ ist nach seiner Meinung dazu nicht erforderlich, meinte Bush am Dienstag vor der Presse. Er sei aber weiter bereit, über entsprechende Anregungen Moskaus zu diskutieren. Das State Department hatte zuvor erklärt, die UN-Botschafter der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates hätten am Dienstag in Washington begonnen, darüber zu beraten.
Angesprochen auf das für heute geplante Treffen mit Jordaniens König Hussein in Kennebunkport (Maine) gab Bush zu, daß es zur Zeit Differenzen zwischen Washington und Amman gebe. Bush möchte König Hussein dazu bewegen, sich an den UN-Sanktionen gegen Irak zu beteiligen. Nach wie vor ist der jordanische Hafen Akaba am Roten Meer für den Irak offen. Bush wollte nicht ausschließen, daß es erforderlich werden könnte, Schiffe vom Einlaufen in Akaba abzuhalten. Auf Spekulationen, der Monarch habe eine versöhnliche Botschaft des irakischen Präsidenten Saddam Hussein im Gepäck, wollte Bush nicht eingehen. „Im Augenblick“ sehe er keine diplomatische Lösung der Krise. Die Fernsehgesellschaft CBS berichtete in diesem Zusammenhang, Saddam sichere Bush unter anderem zu, Saudi-Arabien nicht anzugreifen und mit den USA zu kooperieren. Der jordanische König hatte am Montag mit dem irakischen Präsidenten in Bagdad konferiert. Jordanien erkennt die verjagte Regierung Kuwaits weiter an, wendet sich aber gegen die Entsendung von US-Truppen nach Saudi-Arabien und gegen den Beschluß der Arabischen Liga, panarabische Einheiten ins Krisengebiet zu schicken.
Nach Ansicht des irakischen Botschafters in Algerien ist ein „totaler Krieg“ in der Golfregion nicht auszuschließen. In einem Fernsehinterview sagte er, es seien viel zu viele ausländische Soldaten in Saudi-Arabien, um das Land nur zu verteidigen. Daher rechne er mit einem Angriff auf den Irak.
Unterdessen teilte das Pentagon mit, die ersten von bis zu 45.000 schwerbewaffneten amerikanischen „Ledernacken“ seien in Saudi-Arabien eingetroffen. „Dies ist die erste bedeutende Kampfeinheit, die in das Land entsandt wurde“, meinte ein Beamter. Im Unterschied zu den bisher nach Saudi -Arabien verlegten, leichtbewaffneten Infanterie-Truppen seien diese „Marines“ mit schweren Panzern, Angriffs -Hubschraubern und schwerer Artillerie ausgerüstet, sagte er. Nach Angaben aus dem Pentagon sind inzwischen ungefähr 26.000 US-Soldaten im saudischen Königreich stationiert. Diese Zahl werde im Laufe der nächsten Wochen vermutlich „auf mehr als 100.000“ steigen. Am Mittwoch wird der Flugzeugträger „USS Kennedy“ mit sieben Begleitschiffen seinen Heimathafen Norfolk (Virginia) in Richtung Mittelmeer verlassen, um nach Pentagon-Angaben den Verband um die „USS Eisenhower“ abzulösen oder möglicherweise auch zu ergänzen.
Auch ein marokkanisches Truppenkontingent von 1200 Mann ist inzwischen in Saudi Arabien eingetroffen. Marokkos König Hassan meinte jedoch in einem Zeitungsinterview, dies habe nur „symbolische Bedeutung“. Er sprach sich dafür aus, die Krise durch arabische Vermittlung zu bereinigen.
Ein Pentagon-Sprecher gab ferner an, US -Verteidigungsminister Cheney erwäge die Mobilmachung von Reservisten, um die durch die massive Truppenentsendung entstandenen Lücken in den Streitkräften zu schließen. Cheney werde Präsident Bush einen entsprechenden dringenden Vorschlag unterbreiten. Der Präsident hat im Rahmen der Verfassung die Möglichkeit, 200.000 Reservisten für 90 Tage zum aktiven Dienst einzuberufen, ohne dazu vorher die Zustimmung des Kongresses einholen zu müssen. Die Dienstzeit der Reservisten kann einmal um 90 Tage verlängert werden. Jede weitere Mobilmachung bedarf aber der Billigung des Parlaments. Auf die Frage, ob die USA im Falle eines irakischen Chemiewaffenangriffs ebenfalls C-Waffen einsetzen würden, sagte Cheney, er könne sich das gegenwärtig nicht vorstellen. Die letzte Entscheidung darüber habe aber Präsident Bush.
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