Lautmalerisch zum Internet-Star: Der Trololo-Mann ist tot
„Trololo“, „Hahaha“, „Hohoho“: 30 Jahre nach diesem sojewtischen Hit wurde Eduard Khil ein Internetstar. Nun ist der Bariton gestorben.
Eduard Khil ist tot. Für alle, die ihn nicht kennen: Khil war ein bekannter sowjetischer Bariton. Bei einem Fernsehauftritt in Schweden sang er 1976 das Lied „Ich bin sehr froh, ja froh, endlich kehre ich nach Hause zurück“. Ohne Text.
Denn der von einem Russen gedichtete Text über einen Cowboy auf der Heimreise vertrug sich nicht mit dem Amerikabild der Sowjets. Also lautmalte Khil die Melodie mit „Trololo“, „Hahaha“ und „Hohoho“ aus.
Mehr als 30 Jahre später wurde er zum Star. Das Video von 1976, in dem Chil vor einer gusseisernen Dekoration flaniert, wurde viele Millionen Mal angeklickt. Hollywoodstar Christoph Waltz parodierte den Song.
Auf YouTube verbreitete das Video sich 2009/2010 so rasend schnell, dass es zum Mem wurde. Also einem jener Phänomene, bei denen ein Video, ein Bild, ein Text oder ein Mix aus alldem im Internet immer wieder weitergeleitet, vervielfältigt oder verfremdet wird. Zu den bekanntesten Memen zählen die Lolcats – Katzenbilder, denen satirische, orthografisch merkwürdige Sätze oder auch mal ein Stalin-Zitat in den Mund gelegt werden. Trololo-Mann und Lolcats verbindet das Gefälle zwischen der erwarteten (niedliche Katze, seriöser Fernsehauftritt) und der tatsächlichen Situation.
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Der Begriff selbst wurde wahrscheinlich 1976 (!) zum ersten Mal vom Evolutionsbiologen Richard Dawkins verwendet. Während in der biologischen Evolution körperliche Eigenschaften durch Gene weiterverbreitet werden, soll das Mem in der kulturellen Evolution Ähnliches leisten – es geht also um eine durch Kommunikation vervielfältigte Idee. Das Kunstwort Mem hatte Dawkins aus dem griechischen Mimeme, also „etwas Nachgemachtes“, geschaffen. Ein solches Mem kann wie ein Gen, wenn es nicht wegselektiert wird, praktisch ewig leben.
Eduard Khil ist am Wochenende in St. Petersburg gestorben. Der Trololo-Mann nicht.
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