piwik no script img

Laserpointerangriff auf Hubschrauber„In den Krieg gezogen“

Während in der Rigaer Straße Autonome und Polizei aufeinander prallen, wird ein Polizei-Pilot geblendet. Jetzt muss der Täter ins Gefängnis.

Ganz so viele Laser waren es nicht, die den Hubschrauber trafen Foto: dpa

Berlin taz | Nachdem das Strafmaß – anderthalb Jahre Gefängnis ohne Bewährung – ausgesprochen war, blieb die Anspannung im Saal 101 des Amtsgerichts Tiergarten bestehen. Der 22-jährige Jonathan M., angeklagt für das Blenden eines Polizeihubschrauberpiloten mit einem Laserpointer, sowie seine Unterstützer und Freunde auf den Zuschauerbänken hofften auf ein erlösendes Wort: Haftverschonung. Doch vergebens. Kurz darauf flossen die Tränen im Publikum. Die Voraussetzungen für das Aussetzen der Haft – etwa ein fester Wohnsitz – „liegen nicht vor“, so der Richter.

M. wurde am Mittwoch des versuchten gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr und der versuchten gefährlichen Körperverletzung für schuldig befunden. 55 Sekunden hatte der grüne Strahl seines starken Laserpointers den Hubschrauber anvisiert, aus dem heraus Zusammenstöße zwischen Autonomen und Polizisten in der Rigaer Straße beobachtet und aufgezeichnet wurden. Der Pilot, der als Zeuge auftrat, sagte, er sei nur deshalb nicht verletzt worden, weil er sich weg gedreht und seine Nachtsichtbrille aufgesetzt habe.

In der Nacht zum 17. Juni dieses Jahres hatten Autonome die Polizei in das Viertel gelockt, Barrikaden errichtet und die Beamten mit Gegenständen beworfen. Der Angeklagte habe mit seinem Angriff vom 800 Meter entfernten Boxhagener Platz aus die Polizeiarbeit gezielt verhindern wollen. Der Richter sprach von einer geplanten Tat: „Sie sind wohl ausgerüstet in den Krieg gezogen.“ Unter anderem wurden bei seiner Festnahme unmittelbar nach der Tat auch eine Sturmhaube sowie verbotene Böller sichergestellt.

Schon in der Vorabsprache zum Prozess hatte M. die Tat gestanden. Doch das nutzte ihm nichts, ebenso wenig wie die Aussicht darauf, seine Stelle als Krankenpfleger wieder aufnehmen zu können, oder die Zusage eines befreundeten Zeugen, dass M. bei ihm wohnen könne. Dass der Verurteilte außerhalb der Haft jederzeit für das Gericht erreichbar wäre, könne er nicht erkennen, so der Richter. Auch sprächen seine Vorstrafen, etwa wegen – szenetypischen – Landfriedensbruchs, gegen ihn. An den kahlgeschorenen, muskulösen jungen Mann gerichtet, der die Verhandlung scheinbar ungerührt verfolgte, sagte der Richter: „Ich habe nicht das Gefühl, dass es ihnen besonders leid tut.“

Ein Absturz des Hubschraubers mit all seinen Folgen war eine reale Gefahr, da waren sich Pilot, Staatsanwalt und Richter einig. Der 30-jähige Polizist schilderte, dass beim Eintreffen des Laserstrahls eine ordnungsgemäße Bedienung des Hubschraubers nicht mehr möglich gewesen sei.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!