Lasche Kennzeichnung: Grüne Spritschlucker
Nach den Plänen der Bundesregierung würden auch Autos mit hohem Verbrauch künftig als effizient markiert werden. Umweltverbände legen Gegenmodell vor.
Ein "B" für den Porsche Cayenne Hybrid mit 193 Gramm CO2-Ausstoß pro Kilometer, aber nur ein "C" für den Smart cdi, der nur 86 Gramm CO2 ausstößt: So sieht nach Berechnungen des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) die von der Bundesregierung geplante Verbrauchskennzeichnung für Pkws aus. Diese soll, ähnlich wie bisher schon bei Elektrogeräten, durch farbige Labels von A bis G die Effizienz von Autos für den Verbraucher sichtbar machen. Anfang Mai haben sich Regierung und Industrie auf Eckpunkte geeinigt; bis Ende des Jahres soll ein Gesetzentwurf vorgelegt werden.
Umweltverbände halten die geplante Regelung für eine Verbrauchertäuschung. "Das ist ein Versuch, die derzeit schwer verkäuflichen Spritschlucker grün anzustreichen und deren Absatz zu fördern", sagt Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe.
Dass Fahrzeuge trotz hohen Verbrauchs als effizient bewertet werden, liegt daran, dass das Gewicht die Bemessungsgrundlage des Fahrzeugs ist: Je schwerer ein Fahrzeug ist, desto mehr CO2 darf es für die jeweilige Einstufung ausstoßen. Ein "A" erhält ein Auto etwa, wenn es 28 Prozent weniger ausstößt als vergleichbar schwere Neuwagen im Jahr 2008. Durch die Orientierung am Gewicht werde "für viele Modelle kein Anreiz zur Effizienzsteigerung gegeben", sagte Resch.
Die Deutsche Umwelthilfe, der VCD und der Naturschutzbund (Nabu) würden es bevorzugen, stattdessen die Größe des Autos zur Grundlage zu nehmen. Weil die Datenlage dazu aber nicht ausreicht, setzt auch ihr am Montag präsentiertes Gegenmodell auf das Gewicht als Grundlage, bewertet durch eine andere Berechnung verbrauchsärmere Autos aber deutlich besser. Die Umweltverbände orientieren sich bei der Berechnung an der EU-Grenzwertkurve, die 2008 zur Verringerung der CO2-Emission für Neuwagen beschlossen wurde.
Zudem fordern die Verbände, in Abständen von drei Jahren die Anforderungen an die Klassen um 10 Prozent zu verschärfen. Ein Auto der Klasse A rutsche dann automatisch in Klasse B, wenn es keine Effizienzsteigerung erreiche. Die Regierung plant hingegen, für effizientere Autos in Zukunft die Skala durch die Bezeichnungen "A+" bis "A+++" zu erweitern. Dies halten die Verbände für verwirrend.
Der Nabu kritisiert zudem, dass Elektroautos automatisch in die beste Effizienzklasse eingeordnet werden sollen. "Elektroautos sind nicht per se Nullemissionsautos", erklärte Nabu-Verkehrsexperte Dietmar Oeliger. Es sei schließlich wichtig, wie der Strom erzeugt werde. In anderen europäischen Ländern wurden CO2-Labels bereits eingeführt, jedoch auf unterschiedlichen Grundlagen. Die Verbände fordern eine einheitliche Lösung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
SPD-Linker Sebastian Roloff
„Die Debatte über die Kanzlerkandidatur kommt zur Unzeit“
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los