Lars Penning Filme aus dem Archiv –frisch gesichtet:
Die Kinder haben sich längst wieder vertragen, und der Hamster lebt, wirkt eigentlich ganz vergnügt auf einer Wiese mitten in New York. Roman Polanskis bitter-komische Verfilmung des Theaterstücks „Der Gott des Gemetzels“ von Yasmina Reza kann man im Grunde nur von der Schlusspointe her richtig verstehen. Denn die handgreifliche Auseinandersetzung zweier Kinder und die rücksichtslose Aussetzung des Hamsters mitten in der Großstadt sind Ausgang des „Gemetzels“ zwischen den Ehepaaren Longstreet (Jodie Foster, John C. Reilly) und Cowen (Kate Winslet, Christoph Waltz), die zunächst zivilisiert über die Prügelei ihrer Kinder sprechen und einen Bericht für die Haftpflichtversicherung schreiben wollen. Doch ihr Treffen entgleist zusehends: Höflichkeit und Vernunft erweisen sich als dünne Maske, hinter der Vorurteile, Desinteresse, Selbstgerechtigkeit und eine Political Correctness lauern, die vor allem mit Prinzipienreiterei zu tun hat (13. 6., 22.15 Uhr & 18. 6., 20.15 Uhr, Babylon Mitte).
Einer der wichtigsten Anime-Regisseure der Gegenwart ist Mamoru Hosoda, der in seinen Filmen gern realistisch gezeichnete Alltagsthemen mit Fantasy-Elementen verbindet. Für „Mirai“ ließ er sich vom eigenen Familienleben inspirieren: Hauptfigur ist der knapp vierjährige Kun, der mit großer Eifersucht reagiert, als die Eltern mit einem neuen Baby aus dem Krankenhaus zurückkommen. Doch immer, wenn Kun wutentbrannt in den Garten rennt, öffnen sich für ihn dort Türen zu anderen Zeitebenen: Dass er seine Schwester als Teenager oder seine Mutter als Kleinkind kennenlernt, hilft ihm, die anderen und sich selbst besser zu verstehen. „Mirai“ erzählt detailreich ein Stück Leben über die Entwicklung komplexer Beziehungen innerhalb einer Familie (15. 6., 13.45 Uhr & 16. 6., 16 Uhr, Tilsiter Lichtspiele).
Eine einigermaßen ungeschönte Darstellung des Alkoholismus präsentiert Regisseur Billy Wilder in seinem Klassiker „The Lost Weekend“: Ray Milland verkörpert einen gescheiterten Schriftsteller, der in seiner Sucht schrittweise auch den letzten Rest an Selbstachtung aufgibt. Dabei zeigt der Film sowohl die konkreten Auswirkungen des Alkohols auf die Psyche des wenig selbstsicheren Mannes als auch den Effekt seiner Krankheit auf sein persönliches Umfeld. Ungewöhnlich war damals Wilders Entscheidung, zum Teil auf den Straßen New Yorks zu filmen: In einer dramatischen Sequenz begleitet die versteckte Kamera den unter Entziehungserscheinungen leidenden Autor, der seine Schreibmaschine versetzen will, auf seinem Weg von einer Pfandleihe zur nächsten (13. 6., 20.15 Uhr, Babylon Mitte).
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