: Landwehrkanal wird betoniert
Am Kreuzberger Kanal werden die ersten Bäume gesichert. Schon hagelt es wieder Kritik: Die massiven Betonquader würden mehr schaden als nutzen, sagt ein Statiker
Die ersten Baumsicherungen des Wasser- und Schifffahrtsamts (WSA) am Tempelhofer Ufer stoßen auf massive Kritik. Die massiven Betonblöcke, die bestimmte Bäume stabilisieren sollen, würden „mehr Schaden als Nutzen“ anrichten, sagte der von der Kreuzberger Bürgerinitiative beauftragte Baumstatiker Michael Barsig der taz. Es seien „in erheblichem Maße Wurzeln der betreffenden Linden zerstört worden“, um die Blöcke waagerecht zu platzieren. Dadurch könne sich die Stabilität entscheidend verschlechtert haben. WSA-Leiter Hartmut Brockelmann widersprach den Vorwürfen.
Damit flammt der Konflikt um die Sanierung des maroden Landwehrkanalufers neu auf. Anfang Juli hatte das Amt als Vorsichtsmaßnahme 22 Bäume fällen lassen. Vorausgegangen waren wochenlange Auseinandersetzungen zwischen Bezirk, WSA und Bürgerinitiative, die den gesamten Baumbestand sichern wollte. Am Montag hatte das Amt mit Abspannmaßnahmen an drei Linden am Tempelhofer Ufer begonnen. Mit insgesamt 40 Quadern, die jeweils rund 8 Tonnen wiegen, Stahlseilen und Sicherungsstäben sollen nun insgesamt 20 Bäume vor dem Umstürzen bewahrt werden. Das Amt befürchtet, die marode Ufermauer könnte ansonsten unter der Last der Gehölze nachgeben.
Für Baumstatiker Barsig ist die Maßnahme ein reiner „Schildbürgerstreich“. Neben den Konsequenzen der beschädigten Wurzeln fürchtet er die enorme Zusatzbelastung durch die Quader. „Solche Lasten sind mit einschlägigen Normen bei Baumaßnamen nicht zu vereinbaren.“ Zudem seien die veranschlagten Kosten von 200.000 Euro „weit übertrieben“ und im Vorfeld nicht genannt worden. „Man hätte weitaus günstigere Varianten wählen können.“
Womöglich war daran das WSA aber gar nicht interessiert. In den fachlichen Mängeln und den unverhältnismäßigen Kosten sieht Barsig ein „taktisches Manöver“. Spätestens Ende des Jahres, wenn das endgültige Sanierungskonzept für den Landwehrkanal feststeht, könnte die Stabilität einer Reihe von Bäumen wieder überprüft werden. Und wenn die Öffentlichkeit erst einmal die Absicherungen anzweifelt, könnte es für das Amt leichter sein, Abholzungen als geeignete Maßnahme durchzusetzen, vermutet Barsig.
WSA-Chef Brockelmann hält die Vorwürfe für „unangemessen und unfair“. Sowohl Technik als auch Kosten seien in den Expertenrunden zwischen Bezirk, Behörde und Bürgerinitiative „von Anfang an klar dargelegt worden“. Um eine tragfähige Schicht für die Quader zu schaffen, hätte man den Mutterboden abtragen müssen. „Das ist nicht unser Kompromiss, sondern der der Expertenrunde“, betonte er. Bis Mitte nächster Woche sollen alle Betonwürfel angeliefert sein. VEIT MEDICK