: Landung im Hafenbecken
Skisprung-Olympiasieger Lars Bystöl aus Norwegen büxt gelegentlich aus
Das Enfant terrible der Skisprung-Szene ist nach zahlreichen Eskapaden und privaten Abstürzen auf dem olympischen Stockerl angekommen. Mit dem Sieg auf der Normalschanze will der Norweger Lars Bystöl die Vergangenheit hinter sich lassen. „Ich bin einfach nur glücklich“, sagte der 27-Jährige nach seinem Triumph am Sonntagabend.
In den vergangenen fünf Jahren hatte Bystöl durch Alkohol-Exzesse immer wieder für negative Schlagzeilen gesorgt und sich den Weg zur Spitze verbaut. Im Frühjahr 2001 musste der aus Voss stammende Olympiasieger für 24 Tage ins Gefängnis, weil er betrunken Auto gefahren war. Die Folge war der erste Rauswurf aus dem norwegischen Team, in das er erst am Neujahrstag 2002 wieder aufgenommen wurde.
Der nächste Vorfall ereignete sich im März 2003, wenige Wochen nach dem Gewinn der WM-Bronzemedaille mit dem Team. Bystöl lieferte sich vor dem Weltcup in Lahti betrunken eine Auseinandersetzung mit einem Taxifahrer und flog wieder bis zum Saisonende aus der Mannschaft. Als der Stilist („Die Telemark-Landung liegt mir im Blut“) im November des gleichen Jahres nach einer durchzechten Nacht ins Hafenbecken von Oslo stürzte, war er am persönlichen Tiefpunkt angelangt.
Trainer Mika Kojonkoski hielt an dem Talent fest. Und wieder missbrauchte Bystöl das Vertrauen, als er nach dem Absturz im Team-Wettbewerb auf der Normalschanze bei der WM 2005 in Oberstdorf mit seinen Teamkollegen in einem Lokal erwischt und später wieder suspendiert wurde. „Ich möchte nicht darüber sprechen. Ich habe jetzt keine Probleme mehr“, sagte er.
Zerknirschter Uhrmann
Erst mit Beginn dieser Saison scheint der Norweger zur Vernunft gekommen zu sein. Im Sommer trainierte sich Bystöl Gewicht an, sodass sein Sprungstil kraftvoller geworden ist. Bei der Vierschanzentournee feierte er in Innsbruck seinen ersten Sieg. „Das war großartig und unheimlich wichtig für mich“, sagte Bystöl. Entsprechend selbstbewusst war er in den olympischen Wettkampf gegangen. Auf der Großschanze plant Bystöl nun den nächsten Coup: „Ich will weit und schön fliegen und hoffe auf weitere Erfolge.“
Derweil zeigte sich Michael Uhrmann auch Stunden nach der um 0,5 Punkte verpassten Bronzemedaille zerknirscht. „Das sitzt ganz tief und ist nicht so einfach zu verarbeiten“, sagte er. Bis weit nach Mitternacht genehmigte sich der Flieger mit seinen Teamkollegen im „Kufenstüberl“ einige Biere. „Die verlorene Bronzemedaille muss schnell raus aus dem Kopf“, sagte Bundestrainer Peter Rohwein, der seinen Schützlingen am Montag frei gab. Nüchtern analysierte der Coach, warum Uhrmann so knapp an seinem größten Einzel-Erfolg vorbeigesprungen war. „Ein halber Punkt ist nichts, aber im ersten Versuch hat etwas gefehlt. Da hätte er mit mehr Selbstbewusstsein rangehen müssen“, sagte Rohwein. Ähnlich sah es Rudi Tusch, Technischer Direktor Skisprung im Deutschen Skiverband (DSV): „Michael hat die Medaille im ersten Durchgang verschenkt.“ Uhrmann dazu. „Die Trainer haben einen kleinen Fehler im Absprung entdeckt. Außerdem waren die Bedingungen nicht so, dass man 103 oder 104 Meter springen konnte“, sagte der 27-Jährige. Entscheidend waren am Ende jedoch die Haltungsnoten, denn nach Weiten-Metern gerechnet lag Uhrmann sogar vor Olympiasieger Lars Bystöl aus Norwegen. „Es ist ein schwacher Trost, dass ich zu den besten Springern der Welt zu gehöre.“ Am Dienstag trainieren Uhrmann & Co. erstmals auf dem großen Bakken in Pragelato. Dann wird auch Martin Schmitt, der die Entscheidung am Sonntag im Fernsehen verfolgt hatte, um seine Chance kämpfen. DPA