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Landtagswahlen in ÖsterreichAufwind für Österreichs Rechtsradikale

Bei der anstehenden Landtagswahl in der Steiermark deuten Prognosen auf einen Erfolg der FPÖ hin. Dies wäre ein weiterer Meilenstein in deren Erfolgslauf.

Mario Kunasek, hier bei einer Kundgebung der FPÖ im Sommer 2023, könnte die Landtagswahlen gewinnen Foto: Eibner-Pressefoto/imago

Wien taz | Die politische Landschaft der Steiermark steht vor einem Umbruch: Am Sonntag findet dort die Landtagswahl statt. Aktuelle Prognosen deuten auf einen Wahlerfolg der rechtsradikalen FPÖ unter Mario Kunasek hin, mit Umfragewerten um 30 Prozent. Damit würde das viertgrößte Bundesland Österreichs (1,3 Millionen Einwohner:innen) erstmals von der FPÖ regiert werden, vorausgesetzt die konservative ÖVP geht als Juniorpartner mit in eine Regierung.

Die bislang dominante ÖVP dürfte Umfragen zufolge von 36 auf etwa 26 Prozent zurückfallen, während die sozialde­mokratische SPÖ wie schon 2019 auf etwa 22 Prozent geschätzt wird. Ein solches Ergebnis würde ziemlich exakt die Ergebnisse der Nationalratswahl von Ende September widerspiegeln.

Die aktuelle schwarz-rote Koalition unter Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) wird für ihren wenig dynamischen Führungsstil kritisiert. Seit Jahren bekannte und zunehmend drängende Probleme wie die Gesundheitsversorgung, Kinderbetreuung und die Automobilindustrie hat sie nur unzureichend adressiert.

Schwarz-Rot voraussichtlich auf dritte Partei angewiesen

Drexler selbst wird eine gewisse Distanz zur Bevölkerung nachgesagt, er gilt bisweilen als intellektuell und abgehoben. Zudem steht er vor einem strategischen Dilemma: Bei einem deutlichen FPÖ-Sieg könnte eine Fortsetzung der bestehenden schwarz-roten Koalition schwer zu rechtfertigen sein, besonders angesichts der nahenden Gemeinderatswahlen 2025.

Zwar ist auch eine Fortführung der schwarz-roten Koalition möglich. Voraussichtlich wird dafür aber eine dritte Partei nötig sein: die liberalen Neos oder die Grünen. Eine solche Dreiervariante könnte Drexler leichter als Erneuerung vermarkten, insbesondere wenn es bald auch einen Durchbruch auf nationaler Ebene geben sollte, wo dieser Tage dieselbe Konstellation verhandelt wird.

Koalitionsverhandlungen im Bund

Nach sieben Wochen Sondierungen traten ÖVP, SPÖ und die liberalen Neos am Montag in formelle Regierungsverhandlungen ein. Ob am Ende eine Einigung steht, ist keineswegs ausgemacht. Bis Ende des Jahres soll eine Koalition stehen. Sollten die aktuellen Verhandlungen scheitern, könnte es doch noch zu Gesprächen zwischen ÖVP und FPÖ kommen.

Sollte die FPÖ nun deutlich in der Steiermark gewinnen, könnte sie auch im Bund noch mehr Gewicht in die Waagschale werfen. Mario Kunasek wäre dann voraussichtlich der erste FPÖ-Landeshauptmann in dem vergleichsweise großen Bundesland. Die Steiermark wäre damit das erst zweite blau regierte Bundesland überhaupt.

Die Herausforderungen der industriell geprägten Region sind jedenfalls groß: Der Strukturwandel in der Obersteiermark, die anhaltende Landflucht und der Fachkräftemangel etwa. Während der Großraum Graz wächst, kämpfen viele ländliche Gemeinden mit Abwanderung. Auch der Ärztemangel in peripheren Regionen und die Zukunft kleinerer Krankenhäuser sorgen für Diskussionen. Die Landesregierung verweist auf Initiativen zur Ärzteausbildung, die Opposition spricht von „Gefährdung der medizinischen Grundversorgung“.

Traditionelle Industriebetriebe kämpfen mit steigenden Energie- und Personalkosten und internationalem Wettbewerb. Zwar entstehen neue Arbeitsplätze in zukunftsträchtigen Branchen wie der Mikroelektronik und der Batterietechnologie, allerdings noch im geringen Ausmaß. Drexler wirbt daher vor allem mit einem Modernisierungskurs der Industrie. Zu den Kernforderungen der SPÖ unter Anton Lang zählen der Ausbau der Kinderbetreuung und mehr leistbarer Wohnraum. Alles freilich altbekannte Themen, die die beiden Parteien längst schon angehen hätten können.

FPÖ-Sieg würde Druck im Bund erhöhen

Für die FPÖ unter ihrem Spitzenkandidaten Mario Kunasek, von 2017 bis 2019 Verteidigungsminister in der Bundesregierung, ist es daher ein Leichtes, sich als scharfe Opposition zu positionieren. Sie kritisiert einmal mehr die Migrationspolitik und fordert Maßnahmen gegen die „ausufernde Teuerung“.

Mit dem bundesweiten Rückenwind könnte die FPÖ ihr Ergebnis von 2019 (17,5 Prozent) deutlich verbessern. Damals hatten auch die steirischen Freiheitlichen infolge des Ibiza-Skandals mehr als neun Prozentpunkte eingebüßt. Strahlender Sieger war da noch die ÖVP, die mit wenigen Ausnahmen seit 1945 durchgehend in der Steiermark regiert.

Die Grünen setzen im Wahlkampf auf nachhaltige Mobilität, unter anderem durch einen massiven Ausbau des öffentlichen Verkehrs, und mehr Investitionen in erneuerbare Energien. Die Neos werben wie im Bund vor allem mit den Themen Bildung sowie Transparenz in der Politik.

Die Landtagswahl in der Steiermark könnte sich als weiterer Meilenstein des aktuellen FPÖ-Erfolgslaufs – Platz eins bei der EU-Wahl und Nationalratswahl, Platz zwei in der Landtagswahl in Vorarlberg – erweisen. Ein FPÖ-Sieg würde nicht nur die jahrzehntelange ÖVP-Dominanz beenden, sondern auch die laufenden Koalitionsverhandlungen in Wien überschatten. Dann müsste das ÖVP-SPÖ-Neos-Gespann mit zusätzlichem Gegenwind nicht nur aus Österreichs Süden rechnen.

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5 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Auch in der Steiermark: Link, Ökos und Linksliberale haben immer noch mehr Stimmen als der ganze rechte Mob. Selbst in einem Land, dessen Weitblick von hohen Bergen verstellt ist.

  • Die KPÖ ist doch auch im Landtag. Wofür tritt die an?

  • Unser Nachbarland ist schon lange sehr empfänglich für rechte Propaganda und nationale Politik. Das Land der Habsburger ist seit dem Zerfall des Kaiserreichs nur noch ein Bruchteil von dem was es früher einmal war. Das zehrt am Selbstbewusstsein. Wohin die Großmannssucht rechter Politik führt hat man 1938 ja gesehen. Antieuropäische und ausländerfeindliche Stimmungen finden nicht nur in unserer Gesellschaft einen zunehmend ergiebigen Nährboden. Der zunehmende Rechtsruck in den Parlamenten der Europäer wird Europa als Ganzes schwächen. Leider.

  • Woran liegt es?

    Wir sehen dass die Rechten überall in Europa mehr Stimmen holen, doch woran liegt es, dass dies so ist? Warum entscheiden sich Menschen die Jahrzehnte "normale" Parteien gewählt haben, nun so extrem rechts zu wählen? Ich weiß es nicht, ich ahne nur dass es mit der Flüchtlingswelle 2015 begonnen hat.

  • Wird diese Landtagswahl nich etwas zu hoch gehangen? Ja, die FPÖ wird gewinnen (ich bin mir sogar sicher, dass die Umfragen die FPÖ sogar noch zu niedrig schätzen, war bei den letzten paar Wahlen auch so) und ja, die ÖVP wird mit der FPÖ regieren. Sie hat halt (berechtigt oder nicht) nicht den gleichen Stellenwert in Österreich wie die AFD in Deutschland, die ÖVP hätte ja wahrscheinlich sogar auf Bundesebene mit ihnen regiert, wenn es Herbert Kickl nicht an der Spitze gäbe. Aber ganz im Ernst: Wen juckt das? Es ist eine Landtagswahl in einem österreichischen Bundesland, das hat weder nationale Auswirkungen (die Parteien ÖVP, SPÖ und NEOS befinden sich seit vorgestern ja bereits in Koalitionsverhandlungen und werden diese mit Sicherheit auch zum Abschluss bringen) und schon gar nicht erst international. Ich würde das gar nicht so sehr beachten und stattdessen genauer gucken, was in dem Bundesland denn passiert WENN die FPÖ regiert und WAS sich grundlegend ändert. Ich tippe: gar nichts. Es ist halt Österreich...