Landtagswahl Baden-Württemberg: Mappus atomisiert die CDU
Die CDU im Südwesten verliert den Posten des Ministerpräsidenten - eine historische Niederlage. Erstmals könnte ein Grüner wichtigster Mann im Land werden.
BERLIN taz | Das ist der schwärzeste Tag seit Jahrzehnten für die CDU in Baden-Württemberg: Seit 1953 regieren die Christdemokraten im Südwesten, jetzt könnte es damit vorbei sein: Ein Wechsel von Schwarz-Gelb zu Grün-Rot ist wahrscheinlich.
Stefan Mappus hat seiner Partei in Baden-Württemberg einen Tiefschlag verpasst, und das nach nur einem Jahr als Ministerpräsident. Klarer Sieger des Abends heißt Winfried Kretschmann, Spitzenkandidat der Grünen. In einer grün-roten Koalition könnte er erster grüner Ministerpräsident in Deutschland werden, mit SPD-Spitzenkandidat Nils Schmid als Vize.
So jubelte Kretschmann denn auch: "Wir haben so etwas wie einen historischen Wahlsieg errungen." Schmid sprang ihm zur Seite: "Es gibt einen klaren Regierungsauftrag für SPD und Grüne." Und: "wir haben den historischen Wechsel geschafft." Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) war ihre Enttäuschung anzumerken: "Das Energiethema war am Ende total präsent." Für Andrea Nahles, SPD-Generalsekretärin, ist das Ergebnis ein Erdbeben".
Vorläufiges amtliches Endergebnis (21.21 Uhr)
CDU 39,0 % (60 Sitze) / 2006: 44,2 %
SPD 23,1 % (35) / 2006: 25,2 %
GRÜNE 24,2 % (36) / 2006: 11,7 %
FDP 5,3 % (7) / 2006: 10,7 %
LINKE 2,8 % (-)
Piratenpartei 2,1 % (-)
Dass Kretschmann und Schmid diese Koalition wollen, haben sie in den vergangenen Wochen immer wieder gezeigt: Mehrfach sind sie gemeinsam öffentlich aufgetreten.
Die Wahlbeteiligung war überaus groß. Teilweise soll der Andrang in den Wahllokalen so dicht gewesen sein, dass es zu Wartezeiten gekommen war. Bei der letzten Landtagswahl gingen insgesamt nur 58,2 Prozent wählen - so wenige wie nie zuvor.
Am Ende waren es dann wohl die Ereignisse im Atomkraftwerk Fukushima in Japan und die Debatte über die Zukunft der Atomenergie in Deutschland, die den Grünen in Baden-Württemberg diesen großen Zulauf bescherten und die CDU massiv Stimmen kosteten. Das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21, das vor Monaten Massen mobilisierte, trat in den Hintergrund.
Ministerpräsident Stefan Mappus hatte sich vor der Atomkatastrophe in Japan als harter Kämpfer für die Verlängerung der Laufzeiten deutscher Reaktoren hervorgetan. Nach dem Unglück schloss er sich dem Schwenk von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an, ältere Atomkraftwerke für ein dreimonatiges Atommoratorium vom Netz zu nehmen. Am Wahltag warnte Mappus dann allerdings in der Bild am Sonntag davor, durch einen überstürzten Ausstieg aus der Kernenergie die Versorgungssicherheit in Deutschland zu gefährden.
Das Ergebnis kann aber die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat erneut zu Ungunsten des schwarz-gelben Regierungslagers in Berlin verschieben. Seit dem SPD-Wahlsieg am 20. Februar in Hamburg hat Schwarz-Gelb im Bundesrat nur noch 31 Stimmen. Das Oppositionslager ist herangerückt und kann derzeit 24 Stimmen aufbieten.
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