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Landtagsdebatte in NiedersachsenFinanzminister fühlt sich "beschissen"

In Niedersachsen sorgen die Vorwürfe gegen Wulffs Exsprecher für einen Eklat im Landtag. Minister Möllring (CDU) sieht sich von Glaeseker betrogen, stellt sich aber vor Wulff.

Auf geht's, ab geht's, drei Tage wach: Nach einem Sitzungsmarathon wurde in Hannover am Freitag über einen Missbilligungsantrag gegen Wulff ab. Er wurde abgelehnt. Bild: dpa

HANNOVER taz | Endlosdebatte in Niedersachsen: Drei Tage diskutierte der Landtag in Hannover die Vorwürfe gegen den einstigen Ministerpräsidenten und heutigen Bundespräsidenten Christian Wulff (CDU), am Freitag endet die Sitzungswoche mit einem Eklat.

"Das haben Sie doch längst gewusst" – auf diesen Zwischenruf von Linken-Fraktionschef Hans-Henning Adler folgt die Androhung einer Strafanzeige wegen Verleumdung von Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) und eine Sitzungsunterbrechung. Der hat zuvor einräumen müssen, dass die niedersächsische Staatskanzlei wohl doch an der Organisation der pompösen "Nord-Süd-Dialoge" mitgewirkt hat. Eine Beteiligung des Landes an den Partys des Veranstalters Manfred Schmidt hatte er noch am Donnerstag im Parlament vehement abgestritten.

Aus der Zeitung habe man vom Engagement von Wulffs Exsprecher Olaf Glaeseker zu seiner Zeit als niedersächsischer Staatssekretär für die Polit-Party erfahren, sagt er jetzt. Unterlagen gebe es darüber nicht. Die Verwicklungen Glaesekers treffen Schwarz-Gelb in Hannover hart. Hier hat man sich auf ganzer Linie hinter Wulff gestellt und jeden Vorwurf gegen ihn und sein Umfeld zurückgewiesen. "Von Glaeseker fühle ich mich beschissen", sagt Möllring nun. Wulff aber, gibt er sich sicher, habe von dem Engagement nichts gewusst.

Für Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel ist das eine "bizarre Verdrehung der Wahrheit". Engste Vertraute seien Wulff und Glaeseker gewesen, Wulff selbst habe von "siamesischen Zwillingen" gesprochen. Die SPD sieht in Glaeseker vor allem ein Bauernopfer: "Die Großen dürfen in Niedersachsen alles, die Kleinen werden zur Rechenschaft gezogen", sagt ihr Fraktionsvorsitzender Stefan Schostok.

Für die Linksfraktion ist längst klar, dass nur ein Untersuchungsausschuss Aufklärung in der Affäre Wulff bringen kann: "Nur Ausflüchte" bekomme man als Antworten, sagt ihr Vorsitzender Adler. Einen entsprechenden Antrag hat seine Fraktion am Freitag eingebracht, im Februar stimmt der Landtag ab, ein Fünftel der Stimmen würde reichen.

CDU und FDP sehen unterdessen keinen weiteren Aufklärungsbedarf. Weil Wulff den umstrittenen 500.000-Euro-Privatkredit 2010 im Parlament verschwiegen hat, wollte die Opposition ihm am Freitag eine Missbilligung wegen "nicht wahrheitsgemäßer Information" aussprechen. Sie scheiterte – an der Mehrheit von Schwarz-Gelb.

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8 Kommentare

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  • Y
    yberg

    der weißwestler möllring sollte sich mal erinnern,wer ihm alles spenden hat zukommen lassen,wer werbung auf den landes-und bundesparteitagen macht und wer sonst noch bei allen gelegenheiten partei und mandatsträgern was zukommen läßt.

     

    alles selbstverständlich im rahmen bestehender gesetze,deshalb hat ja die bundesregierung die weltweitvorlage in sachen abgeordneten bestechung noch nicht ratifiziert.

     

    dann is es nur noch ein kleiner schritt zu der frage:

     

    JA WERFEN DIE SPENDER IHR GELD ZUM FENSTER RAUS...

     

    so ein farisäer ,wie der möllring geht mir mehr auf den kekweil er der meinung ist ,daß es ihm zusteht.

     

    punkt,aus ,endes als ein absahnender wulff,der sich das nimmt,wie tausende vor ihm .

     

    netzwerke und win win situationen dienen in erster linie der bereicherung ihrer teilnehmer und alle gegenteiligen stellungnahmen irjendwelcher schleichen sind augenwischerei.

     

    an der spitze unseres gemeinwesens is der einnehmende wulff der geeignete repräsentant für unsre selbsternannte elite

     

    hoffentlich beißen sich unsre exzellenzen,nicht nur die schwachbrüstigen oralisten des springer verlags,an ihrem repräsentanten und onkel mit preisschild aufm wams die zähne aus.

  • A
    audio001

    Wir kratzen mit Sicherheit mit dem "Fall Wulff" nur an der Oberfläche eines Phänomens, das sich inzwischen in unserer Demokratie etabliert hat:

     

    Die "Politik" droht in diesem Lande zu einem Pfründesystem für Politiker zu degenerieren und Parteien neigen offensichtlich zunehmend dazu, unsere Demokratie als ein System der Besitzstandswahrung eigener Interessen zu interpretieren!

     

     

    Das dabei Einzelne, a la Wulff & Konsorten, mit ihrem Handeln in einer Grauzone des Handelns abgleiten das nicht mehr zweifeslfrei opportun für einen politischen Amtsträger ist und sich in der Nähe strafrechtlichen Würdigung bewegt, kann eigentlich dann auch nicht mehr verwundern!

     

    Da es offensichtlich keine ausreichende Kontrolle von politischen Amtsträgern – von der strafrechtlichen Würdigung mal ganz abgesehen – gibt, ist die Chance das dieses Handeln in einer Grauzone gewürdigt wird ohnehin relativ gering.- Und im Zweifel wird diese Handeln auch noch „von Parteifreunden“ auf die eine oder andere Weise gedeckt oder zumindest entschuldigt?

     

     

    Wulff „hat das Pech“ aufgefallen zu sein;- es dürfte vermutlich genug andere politische Amts- und Mandatsträger (sicherlich nicht die Mehrheit und sicherlich auch nicht so offenkundig) in diesem Land geben, die gleichfalls das "System Wulff" für sich persönlich praktizieren oder praktiziert haben?

     

    Entscheidend wird es jetzt sein, ob die vermeintliche „Politikerkaste“ den Mut findet sich von Wulff und seinem irrlichertenden Handeln zu trennen oder ob sie diesen „gefallenen Politiker“ weiter in ihren Reihen beläßt!- Mithin das Handeln von Wulff auch noch (weiter) entschuldigt.

     

    So gesehen ist das nicht nur ein „Fall Wulff“ sondern auch eine Frage des Wertes den wir unserer Demokratie noch beimessen.- Und,- ob Politiker überhaupt noch vertrauenswürdig sind.....

  • OP
    Otto Pardey

    Die Linke hat im Nds.Landtag einen Untersuchungsaus-

    schuß gefordert jedoch lehnt das die SPD ab.

    Fest steht,das die Hannover-Mafia nicht alleine

    Christian Wulff geschuldet ist sondern unter

    Gerhard Schröder sowie Sigmar Gabriel während

    deren Amtszeit noch einiges aufzuarbeiten gilt.

    Folgedessen ist man u.a.seitens der SPD nicht besonders scharf auf einen Untersuchungsausschuß!

  • JK
    Juergen K.

    Sind "Wulff Buch" und "Kochbuch" vom selben Verlag?

     

    Handelt es sich um eine verdeckte Finanzierung des Wullf Buches ?

  • LW
    lars willen

    keliner tip an die TAZ-der jetzige kultusminister von niedersachsen ist auch nicht koscher.

    er war im januar in oldenburg,ich bin in oldenburg

  • JK
    Juergen K.

    Stand Glaeser eigentlich auch zur wahl auf den Listen ?

     

    konnte man den ankreuzen ?

     

     

    Warum sind Leute in den Parlamenten und Ämtern,

    die man nicht ankreuzen kann?

  • J
    jps-mm

    Wulf schweigt zu fortgesetzten Menschenrechtsverletzungen

     

    Mit der Merkel werden Menschenrechtsverletzungen schwerster Art unverändert fortgesetzt:

     

    Im Jahr 2005 stellte die Merkel das Programm für die Legislaturperiode unter das Motto "Mehr Freiheit wagen". Tatsächlich aber hat die Merkel in den letzten 4 Jahren u.a. dafür gesorgt, dass

    - die Bürgerrechtsverletzungen schwerster Art unverändert fortgesetzt wurden,

    - die dafür verantwortlichen Rechtsbrecher systematisch der Strafverfolgung entzogen wurden,

    - mittels Vorratsdatenspeicherung sämtliche Verbindungsdaten von Internet- und Handy-Verbindungen über einen Zeitraum von 6 Monaten gespeichert werden,

    - das BKA eigenmächtig - ohne Beaufsichtigung durch einen Staatsanwalt -präventive Ermittlungen ohne konkreten Tatverdacht durchführen darf,

    - die Befugnisse des BKA zu Lauschangriffen auf Wohnungen nochmals deutlich ausgeweitet wurden,

    - das BKA auch die Befugnis für Video-Überwachungen von Wohnungen erhalten hat,

    - die Durchsuchung und Überwachung von Computern im Wege der sogenannten Online-Durchsuchung zulässig ist.

     

    Die Merkel hat die Bürgerrechte vollständig ausgehöhlt und die letzten Restbestände der Verfassung faktisch außer Kraft gesetzt. Die Merkel hat den Begriff "Freiheit" damit vollständig entkernt. Deutschland ist schon längst ein asozialer Unrechtsstaat. Und das muss man direkt ansprechen.

  • VR
    Volker Rockel

    Kaum zu glauben, dass sein "siamesischer Zwilling" Wulff vom dem Treiben Glaeseker nichts gewußt oder bemerkt haben sollte!?- Der Anschein der aus dem Handeln des "Gesamtpakets Wulff und Glaeseker" entsteht ist eher, dass die beiden "siamesischen Zwillinge" wohl für sich ein Selbstverständnis entwickelt haben, wo die Grenzen zwischen einem für Politiker Erlaubten und nicht mehr Erlaubten völlig verschwommen sind?

     

    Als Bürger bin ich mir sicher, dass dieses nicht nur für das Gespann Wulff und Glaeseker zutrifft und zu befürchten ist, dass dieses nur die Spitze des Eisberges ist.

     

    Und dass diese Beiden ihre politische Heimat ausgerechnet in Niedersachsen haben und der Hannover‘schen Szenegesellschaft nahestehen,- kann eigentlich auch nicht so richtig verblüffen...