: Landrat unter Erklärungsdruck
betr.: „Städte nutzen letzte Chance zur Abschiebung“, taz nrw vom 27.10.06
Die Kreisverwaltung und der Landrat müssen zweifellos im Rahmen der Gesetze handeln. Sie können sich nicht willkürlich Spielräume herausnehmen, die der Gesetzgeber nicht lässt. Der Landrat ist kein Gesetzgeber, sondern führt Gesetze durch. Die begonnene Abschiebung der tamilischen Familie durch die Behörden des Kreises Warendorf erscheint gleichwohl insgesamt als ein unverhältnismäßiger und harter Rechtsakt.
Ein Teilaspekt dieser Vollstreckungsmaßnahme aber ist besonders fragwürdig: Offenbar ist der Säugling im Vollzug von seiner ohnedies kranken Mutter getrennt worden. Durften die Behörden in diesem Fall wirklich einer kranken Mutter das Kind wegnehmen und damit zugleich einem Säugling die Mutterbrust? Was zählt dessen Recht auf Unversehrtheit und das Sorgerecht der Eltern im Rahmen einer Abschiebung? Der Landrat steht weiterhin unter Erklärungsdruck. Und diese Erklärungen machen sichtbar Mühe. [...] Welche Gesetzesvorschrift erlaubte es den Behörden, die Familie in den Stunden höchster Not voneinander zu trennen? Durfte der Säugling von der Mutter getrennt werden und dabei seine Unversehrtheit gefährdet oder gar verletzt werden? [...]
Es mag ungewöhnlich sein, dass nach erfolgter Vollstreckung noch Abschiebeschicksale hinterfragt werden [...]. Dennoch: Jeder zusätzliche Tag, der verstreicht, ohne dass diese Fragen geklärt worden wären, belastet die Abschiebebehörden und leistet dem Verdacht Vorschub, es sei doch nicht alles so streng nach Recht und Gesetz zugegangen, wie das bisher dargestellt worden ist. [...] KLAUS ASSHOFF, Warendorf