: Landpartie
Ein Wochenende draußen gefällig? Das „Hurricane Festival“ lockt zu Alternativem ins Umland
Gerne bedienen Konzertveranstalter und andere Agenten des institutionalisierten Erlebnisses ihre Zielgruppe mit der – je nach Geschmack – schönen oder schaurigen Tradition des großangelegten Konzertbetriebs unter freiem Himmel. Wer sich noch daran erinnert, zieht eine Traditionslinie zum Sommer der Liebe; jüngere Generationen haben längst eigene Bezugspunkte.
Und in der Tat: Bis auf ganz wenige Ausnahmen haben sie mit der Mär vom temporären Paradies in Woodstock nicht viel gemein, die biermarkengesponsorten Erlebniswochenenden. Wie alles hat aber auch dies Ding zwei Seiten: Während der Kulturkritiker die Kulturindustrie weniger maskiert als sonst am Werk zu erkennen glaubt, hat das Konzept, viele Programmpunkte auf einen engen Zeitraum zusammenzubuchen, aus Besucherperspektive seine Berechtigung.
Für hiesige Interessierte hat sich in den vergangenen Jahren das „Hurricane“ im knapp eine Stunde entfernten niedersächsischen Scheeßel etabliert. Am kommenden Wochenende wird dort wieder ein zweitägiges Programm aufgeboten – für ein größtenteils wohl alternativ sich wähnendes Publikum: Denn anders als etwa die großen „Rock am Ring“-Veranstaltungen setzen die „Hurricane“-Veranstalter nicht darauf, unbedingt die ganze Familie zu locken; Joe Cocker ist auch 2002 nicht in dabei.
Dafür findet sich, was nicht nur des Delta Radio-Hörers Herz höher schlagen lässt: moderner Rock-Pop, NuMetal das, was von Crossover übrig blieb, und etwas HipHop. Von Die Ärzte bis The Notwist, Such A Surge bis Fettes Brot: 40 Bands auf zwei Bühnen, wir empfehlen ganz ohne Lokalpatriotismus den Auftritt von Hamburgs Tocotronic, die ihr immens aufwendiges jüngstes Album vorstellen werden. Und mit Television, jener wiedervereinigten New Yorker Art-Punk-Band, ohne die die Strokes wohl anders klängen, hat man nicht nur eine ungewohnt, tja, alte Band geladen, sondern eine wirkliche Sensation (zumindest für Archäologen). Übrigens: Obwohl Scheeßel geografisch durchaus keine Gutwettergarantie besitzt, ist es in den vergangenen Jahren zu ernsthaften Sonnenbränden gekommen.
Alexander Diehl
Sonnabend und Sonntag, Eichenring Scheeßel (Kreis Rotenburg/Wümme „zwischen H, HB und HH“), Tickets noch bei den üblichen Vvk.-Stellen, letzter Programmstand und weitere Infos unter www.hurricane.de
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen