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Archiv-Artikel

Landowsky bleibt Anklagebankchef

Im Strafverfahren wegen Untreue gegen den ehemaligen Berlin-Hyp- und CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky ist noch kein Ende in Sicht. Dabei hatten die Plädoyers von Staatsanwälten und Verteidigern schon auf dem Terminplan gestanden

Der Prozess istan Landowskynicht spurlos vorübergegangen

von RICHARD ROTHER und ULRICH SCHULTE

Seit über einem Jahr geht das schon so: Mehr als ein Dutzend ehemaliger Manager der Bankgesellschaft Berlin und ihre Anwälte bevölkern den großen Saal des Berliner Landgerichts – als Angeklagte. Der prominenteste unter ihnen: Klaus Landowsky, Ex-Fraktionschef der Berliner CDU und Ex-Chef der Bankgesellschaftstochter Berlin Hyp. Durch millionenschwere Kreditvergaben an die Immobilienfirma Aubis sollen er und die weiteren Angeklagten Geld in Millionenhöhe veruntreut haben. Der Prozess stand schon kurz vor dem Abschluss, geht nun aber erst einmal weiter. Für heute sind zwei neue Zeugen geladen.

Der Prozess ist an Landowsky, stets braun gebrannt, nicht spurlos vorübergegangen. Die Tränensäcke unter den Augen sind dick, und die Mundwinkel wirken, als hingen Bleisäcke an ihnen. Landowsky verfolgt den Prozess aufmerksam, oft mit seiner Lieblingsgeste: Dann legt er die linke Hand ans Gesicht, so dass der Daumen das Kinn stützt und der Zeigefinger an der Schläfe liegt.

Zuletzt hatte Landowsky –nachdem er über ein Jahr lang geschwiegen hatte – vor Gericht Schuld von sich gewiesen und rechtfertigte die millionenschwere Kreditvergabe an Aubis zur Sanierung von Plattenbauten. Landowsky verwies auf ein Gutachten, wonach „ein guter Gewinn“ beim Aubis-Engagement zu erwarten war. Er betonte, auch weiterhin „zu der damals gefassten Zukunftsprognose“ zu stehen. „Wir waren überzeugt, dass die das stemmen“, so Landowsky.

Erkenntnisse über mögliche Leerstände in den Plattenbauten hätten zum Zeitpunkt der Kreditvergabe weder den Banken noch der Bundesregierung vorgelegen. „Die positive Beurteilung der Platte ging bis zum damaligen Bundesbauminister Franz Müntefering.“

Landowsky widersprach auch der Argumentation der Staatsanwaltschaft, dass die Aubis-Kredite für die Bankgesellschaftstochter BerlinHyp existenzgefährdend waren. Die „abrupte Veränderung der Bewertungsvorschriften“ durch das Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen habe das System der Hypothekenbank ausgehebelt.

Im Zusammenhang mit der Kreditvergabe wirft die Staatsanwaltschaft den Angeklagten Untreue vor. Denn durch diese Kredite soll das Vermögen der BerlinHyp schadensgleich gefährdet worden sein, weil die Rückzahlungsansprüche der Bank gegen die Kreditnehmer nicht werthaltig gewesen und auch keine ausreichenden Sicherheiten vorgelegen haben sollen.

Als Anfang des Jahres 2001 bekannt wurde, dass Landowsky zeitnah zur Kreditvergabe eine Aubis-Parteispende für die Berliner CDU entgegengenommen hatte, ohne diese später im Rechenschaftsbericht der Partei zu erwähnen, löste dies neben dem Bekanntwerden von Milliardenrisiken in zweifelhaften Immobilienfondsgeschäften der Bankgesellschaft den Berliner Bankenskandal aus. In der Folge zerbrach die große Koalition von CDU und SPD, die die Stadt ein Jahrzehnt lang regiert hatte – und Landowsky, der jahrelange Strippenzieher, musste zurücktreten. Der Schaden für Berlin ist weitaus größer – die Folgen des Bankenskandals belasten den Landeshaushalt mit einer Milliardensumme, deren genaue Höhe erst in zwei Jahrzehnten absehbar sein wird.

Vor einer Woche stand der Prozess, an dem die Angeklagten – wie in einem Strafverfahren üblich – stets persönlich teilnehmen müssen, schon kurz vor dem Abschluss; die Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung war schon in Vorbereitung. Dann beantragte die Verteidigung eine Einschätzung der 36. Großen Strafkammer zur bisherigen Beweisaufnahme. Davon hänge ab, ob noch weitere Beweisanträge gestellt werden müssten, so ein Verteidiger. Für morgen nun sind weitere Zeugen geladen, und der Gerichtssaal ist bis zum 22. Dezember gebucht. Letzteres heißt aber gar nichts – der Prozess kann sich noch ins nächste Jahr ziehen oder auch schnell vorbei sein.

Generell gilt in Strafprozessen: Je länger ein Verfahren dauert, umso mehr kann ein Verteidiger verdienen. Von einem langen Verfahren kann auch der Angeklagte in einem Prozess profitieren, bei dem er sich eines Freispruches nicht sicher sein kann. Denn solange kein Urteil gefällt ist, ist der Angeklagte unschuldig. Und je mehr in einem Verfahren verhandelt wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Rechtsfehler begangen wird, der die Aussicht auf eine Revision steigert.