Landesparteitag: Grüne wollen nicht sitzen bleiben
Bezahlbare Mieten, einschneidende Änderungen am Gymnasium, Billigtickets für Bus und Bahn: Samstag sollen die Grünen ihr Wahlprogramm beschließen
Bei den Grünen muss einer der Wahlprogrammschreiber Tomasi di Lampedusas Klassiker „Der Leopard“ gelesen haben. Da heißt es: „Wenn wir wollen, dass alles bleibt, wie es ist, muss sich alles ändern.“ In der Präambel des Grünen-Wahlprogramms für die Abgeordnetenhauswahl heißt es sehr ähnlich: „Damit Berlin so bleiben kann, wie wir es lieben, muss sich einiges ändern.“ Das steht zumindest im Entwurf des Papiers, den jetzt der Parteivorstand vorstellte und der am Samstag einen Landesparteitag beschäftigen wird.
Es ist der zweite Parteitag binnen fünf Wochen. Mitte März hatten die Grünen ihre Kandidatenliste für die Wahl am 18. September aufgestellt – mit deprimierendem Ausgang für Spitzenkandidatin und Fraktionschefin Ramona Pop. Sie mochten bei der Mitgliederversammlung nur rund 60 Prozent auf Platz 1 sehen. „Lieber ehrliche 60 Prozent als falsche 100“, verglich Parteichefin Bettina Jarasch das Pop-Resultat jetzt mit dem Wahlergebnis von letztem Wochenende bei der CDU. Deren Delegierte hatten ihren Parteichef Frank Henkel einstimmig erneut zum Spitzenkandidaten gemacht, obwohl es bei den Christdemokraten durchaus Zweifel an seiner Eignung gab.
Nichtsdestotrotz blieb auch am Mittwoch die Frage, ob die Grünen-Wahlkampagne nicht leidet, wenn nur 60 – wenn auch ehrliche – Prozent die Spitzenkandidatin unterstützen. Das Gegenteil sei der Fall, versicherte Grünen-Kovorsitzender Daniel Wesener: „Wir sind eher in der Situation, dass wir unsere Mitglieder bremsen müssen.“ Die würden am liebsten schon jetzt Plakate kleben. Wie motiviert die Mitglieder seien, habe sich auch an dem großen Interesse gezeigt, für die Bezirksparlamente zu kandidieren.
Zu den vielen Änderungen, die dafür sorgen sollen, dass Berlin so bleibt, wie die Grünen es lieben, gehören einschneidende Veränderungen am Gymnasium: Dort sollen Kinder nicht mehr sitzen bleiben können. Auch das Probejahr soll es nicht mehr geben. Es sorgt bislang dafür, dass Kinder, die in dieser Phase nicht versetzt werden, das Gymnasium verlassen und zu einer anderen Schulform wechseln müssen. Zum Ausgleich sollen die Gymnasien mehr Möglichkeiten und Mittel erhalten, alle Schüler zu fördern und zum Abitur zu bringen.
Wie Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) bereits am Dienstag sprechen sich auch die Grünen für bezahlbare Mieten aus. Der SPD-Mann hält bei Neubauten einen Quadratmeterpreis von 6,50 Euro für bezahlbar, weil künftig ein besserer Zuschnitt für kleinere Wohnungen und so für eine niedrigere Gesamtmiete als derzeit sorgen soll. Grünen-Chef Wesener mochte sich nicht auf einen Betrag festlegen. Konkret festschreiben wollen die Grünen hingegen den Anteil günstiger Wohnungen: Bei privaten Bauvorhaben sollen es 30 Prozent sein, bei öffentlichen 50.
Den öffentlichen Nahverkehr wollen die Grünen unter anderem mit einer „Bärenkarte“ für die Einheimischen attraktiver machen. Sie soll 18 Euro im Monat kosten und außerhalb des Berufsverkehrs gelten.