: Lali aus Puna
■ Lali Puna geben Elektronik einen Rock-Gestus und spielen doch eigentlich Pop
Okay, wir haben unser Bestes getan: Lali Puna heißt auf Koreanisch etwa soviel wie „Lali aus Puna“. Wer Lali oder wo Puna ist, konnten wir leider nicht herausfinden. Gut klingt der Name allemal. Ein Teil frühkindlicher Vokaldopplung, plus ein Teil Exotik zwischen Puma und Regenwaldsiedlung.
Gut klingt auch die Musik. Mit ihrer Stereolab-Faszination hat Gründerin und Sängerin Valerie Trebeljahr nie hinter dem Berg gehalten, und auch auf Lali Punas neulich erschienenem zweiten Album ist sie nicht zu überhören. Dabei sind es immer noch die Berührpunkte zwischen verträumten, eingängigen Popmelodien und pulsierenden, pluckernden Elektronik-Rhythmen, die Lali Puna interessant machen. Schließlich ist die Verbindung zwischen Pop und Elektronika nach wie vor die Ausnahme.
Scary World Theory, so der Titel der neuen Platte, zerrt diese beiden Welten noch enger zusammen. So eng, dass man sich schnell fragt, weshalb sie jemals getrennt waren. Denn Valerie Trebeljahrs lakonische und dabei doch immer warme Stimme füllt die Lücken zwischen den hüpfenden Elektro-Beats ganz natürlich, und auch Bass und Schlagzeug ergänzen sich mit den programmierten Rhythmen wie die Puzzle-Teile eines kühl-konstruierten Gesamtbilds.
An diesem Bild beteiligt sind drei Musiker, die allesamt tief verwurzelt sind im fruchtbaren Umfeld des Hausmusik-Labels. So findet man auf der Besetzungsliste Markus Acher (Tied & Tickled Trio, The Notwist usw. usf.), Chris-toph Brandner (Console, Tied & Tickled Trio) und Florian Zimmer (Iso 68, Fred Is Dead). Alles Menschen, die in mehr als einem Projekt mehr als ein Instrument spielen und sich hörbar für mehr als eine Musikrichtung interessieren. Als kleinster gemeinsamer Nenner läßt sich nennen, was vor zehn Jahren noch „Indie“ hieß. Dann kam, wie bei so vielen Hausmusik-Bands, die Elektronik dazu: Drum'n'Bass, Minimal-House, Wohnzimmer-Frickler. Geblieben ist eine Schwäche für leicht melancholische Melodien, die Valerie mal in englisch, mal in portugiesisch singt.
Die daraus resultierende Melange wird nach vorne getrieben von einer Mischung aus traditionellem Schlagzeug und programmierten Beats, getragen von flächigen Keyboards und geformt von den moll-lastigen Gesangsmelodien. Während auf Platte gediegene Kontrolliertheit vorherrscht, die erst in der hypnotischen Gleichförmigkeit einzelner Rhythmusmuster den Mitwipp-Drang entflammt, mutieren Lali Puna auf der Bühne zumindest im Gestus zur Rockband. Während andere Elektronik-Acts sich bewegungslos hinter Samplern, Sequenzern und Powerbooks verschanzen, gehören bei Lali Puna Schlagzeug, Bass und energisch groovende Bandmitglieder zum Bühnenbild.
Und wem das zu retro-mäßig ist, der kann ja mit dem Rücken zur Bühne tanzen... Gregor Kessler
mit Twiggy Killers und dem Glowgirls -DJ-Team beim dritten „Vollkontakt“-Abend: Freitag, 22 Uhr, Hafenklang
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