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Längere Öffnungszeiten in Ämtern gefordert

■ Vorstoß von zwei CDU-Politikern, Beamte sollen aber nicht länger arbeiten

Berlin (taz) – Welch angenehme Terminplanung: Am Mittwoch um 20 Uhr ins Finanzamt, am Donnerstag um 19 Uhr den Paß abholen, am Freitag nach 17 Uhr das Auto abmelden und am Samstag gegen 15 Uhr den Kleinkredit beantragen. Kundenorientierte Öffnungszeiten in allen öffentlichen Verwaltungen und bei Banken forderten am Wochenende die CDU- Politiker Elmar Pieroth und Friedhelm Ost. Bei ihren Vorstellungen ließen sie sich von den verlängerten Ladenöffnungszeiten inspirieren. Demnach dürfen die Geschäfte ab dem 1. November montags bis freitags zwischen 6 Uhr und 20 Uhr und am Samstag bis 16 Uhr geöffnet haben.

Ost, Vorsitzender des Bundestags-Wirtschaftsausschusses sagte gegenüber der Berliner Morgenpost, die verlängerten Ladenschlußzeiten seien eine „riesige Chance für unsere Dienstleistungsgesellschaft“. Sie seien ein „Signal für mehr Beschäftigung“.

Elmar Pieroth, Berliner Wirtschaftssenator, meinte, der Bürger sei Kunde der Verwaltung. „Deswegen muß die Verwaltung besonders vor dem Hintergrund verlängerter Ladenschlußzeiten noch mehr lernen, kundenorientiert zu arbeiten.“ Allerdings sollten die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes nicht mehr arbeiten, sie sollten ihre Arbeitszeit lediglich flexibler gestalten. Bei Pieroths Senatskollegin Christine Bergmann, SPD, wird bereits samstags gearbeitet. Jedoch bietet die Arbeitssenatorin nur am Donnerstag verlängerte Sprechstunden bis 18 Uhr an.

Pieroth meinte, die Verwaltung müsse lernen, ihre Dienstleistung der Nachfrage anzupassen. Diese jedoch kann Ingo Schwope, Pressesprecher der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft, nicht ausmachen. Er erinnert an die erste Ladenschlußzeitreform von 1989. Als der sogenannte lange Donnerstag bis 20.30 Uhr eingeführt wurde, zogen auch die Verwaltungen mit ihrem Dienstleistungsabend nach. „Vielerorts haben die Verwaltungen dies mangels Nachfrage wieder zurückgenommen“, sagte Ingo Schwope zur taz. Er kann sich nicht vorstellen, daß jemand am späteren Abend das Bedürfnis habe, Steuerangelegenheiten mit dem Finanzbeamten abklären zu wollen. „Abends sitzt die Bevölkerung doch lieber vor dem Fernseher“. Machbar seien die verlängerten Büro- und Kassenstunden durchaus. Die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes und des Bankwesens böten solche Möglichkeiten. Nähere Einzelheiten seien auf der Ebene von Betriebsvereinbarungen auszuhandeln. roga

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