Ländliche Entwicklung in Kuba: Jenseits der Erinnerungen
Vor 60 Jahren stand Fidel Castro auf einem Balkon in Sanguily und begeisterte die Menschen. Heute fühlen sich die Bewohner vergessen.
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Wir fuhren nach Sanguily, ein Dorf im Süden von Ciego de Ávila, weil wir über seine Häuser mit Dächern und Wänden aus Wellblech schreiben wollten, wie Papier von Kinderhand gefaltet, oder über seine ganz besondere Geschichte, daran erinnern, wie Fidel Castro während der Revolution der berüchtigtsten Großgrundbesitzerin der Region die Peitsche entriss und auf der roten Erde den Samen des Wohlstands säte.
Aber fast sechs Jahrzehnte, nachdem Fidel zu einer begeisterten Menge sprach, von einem kleinen Balkon aus, der als Zeuge dieser bemerkenswerten Ereignisse erhalten wurde, haben Sanguily und seine fast 7.000 Einwohner mehr verdient, als von diesen Erinnerungen zu zehren.
Das Leben verläuft hier mit der im ländlichen Kuba gewohnten Bedächtigkeit. Die Kinder gehen morgens in die Schule, wenn ihre Eltern zur Arbeit aufbrechen. Manche leben nur drei Schritte vom Klassenzimmer entfernt und bemerken kaum, dass ihnen der orangefarbene Staub der trockenen, roten Erde feine Muster auf die Schuhe zeichnet.
Die Gemeinde Manuel Sanguily war die erste, die von der Revolutionsbewegung in der alten Provinz Camagüey gegründet wurde. Am 11. September 1960, einem Sonntag, weihte Fidel Castro sie vor rund 20.000 Menschen ein. Von einem Balkon aus, der bis heute erhalten ist, verkündete er den Bau von 92 Wohnhäusern, einem Ärztezentrum und einer Schule, die Schaffung von Wasser- und Abwasserleitungen und den Anschluss an das Stromnetz.
Aber dann sind da die anderen, die aus den Eingeweiden des Landes kommen, aus winzigen Ansiedlungen, die vermutlich keine Landkarte verzeichnet. Wenn Unwetter mal wieder die zerfurchten Wege geflutet haben, kommen sie zum Unterricht mit Füßen voller Schlamm und Schmutz unter den Nägeln.
Sanguily bräuchte bessere Wege, damit seine Bewohner nicht die Regenzeit verfluchen müssen, so wie sie anschließend die Dürre verfluchen, die ihnen vor Hitze und Staub den Atem raubt. „Die Traktoren fahren sehr schnell und wirbeln die trockene Erde auf. Die Kinder kommen mit schmutzigen Uniformen in die Schule“, sagt eine Mutter, die uns von ihren Sorgen berichtet, so als wäre ihr die Spur der Kugelschreiber in unseren Notizheften schon Erleichterung genug.
Sayli Sosa, 33, lebt in Ciego de Ávila. Sie arbeitet seit zehn Jahren in der Redaktion der staatlichen Provinzzeitung El Invasor.
Sayli Sosa, de 33 años, vive en Ciego de Ávila. Desde hace 10 años trabaja en la redacción del semanario estatal de la provincia El Invasor.
„Schauen Sie, es gibt auch Probleme mit den Ärzten in der medizinischen Station. Die kommen manchmal zu spät, weil sie nicht im Dorf leben. Mehr als einmal hatten wir Kinder mit Asthma, Schwangere in den Wehen, kranke Alte, und es hat viel zu lange gedauert, bis Hilfe kam.“
Ohne dass wir es bemerkt haben, sind weitere Bewohner hinzugekommen, an die Ecke des Dorfplatzes, wo wir eine der Geschichten von Sanguily recherchieren wollen, die vom mobilen Kino unterm Sternenhimmel. Aber sie wollen nicht darüber sprechen, wie 24 Standbilder sich in Bewegung verwandeln, sondern darüber, wie man eine Realität bewegen kann, die offenbar stehengeblieben ist.
Dieser Text erschien in gekürzter Fassung am 15. Juli 2016 in der Sonderbeilage (
) zum zweiten taz Panter Workshop mit kubanischen Journalisten.Este articulo se publicó en una versión cortada el día 15 de Julio 2016 como parte de un suplemento especial (
) en occasión del segundo taller de la fundación taz Panter con periodistas cubanos.Still ist es hier, es gibt kaum öffentliche Verkehrsverbindungen, nur ein Bus am Morgen und einer am Nachmittag, zu wenig für die Jugendlichen, die die Oberstufe oder die Fachschule besuchen, oder für diejenigen, die in Venezuela [das ist in diesem Fall eine Stadt in der Provinz] und Ciego de Ávila arbeiten. Letzter Ausweg ist für viele Leute die teure Fahrt mit dem Privattaxi, dem “botero“.
̶“Und der Schienenbus?“
̶“Ist seit einem Monat kaputt, und jetzt wird auch noch an der Strecke gebaut.“
La Ignacia, die alte Siedlung der Zuckerrohrarbeiter, ist noch immer nicht ans Stromnetz angeschlossen, weshalb die rund 70 Haushalte Elektrizität mit selbstgebastelten Drahtkonstruktionen von der nächstgelegenen Leitung abzapfen. Manchmal leuchten die Glühbirnen, manchmal brennen sie durch (und die Fernseher, Kühlschränke und Herde ebenso).
Für Carlos Alberto Espinosa Serpa, den Vorsitzenden des Consejo Popular, ist das eine historische Aufgabe, die bis heute nicht gelöst wurde. Ungelöst ist seit einem Jahr auch das Problem mit der Pumpe, sodass Trinkwasser mit dem Tankwagen gebracht werden muss – der, nebenbei bemerkt, auch nicht immer pünktlich liefert.
Der Revolution viel zu verdanken
Aber eines nagt wirklich an der Seele des Ortes: Man vermisst das Unternehmen, das früher einmal Arbeit und Unterhalt garantiert hat. Juventud Heroica, so hieß es, musste schließen, weil es seine Verluste nicht mehr ausgleichen konnte. Die gesamte Infrastruktur ging an ein anderen Betrieb über und die Spielregeln änderten sich.
Heute verlangt der größte Arbeitgeber in der Umgebung selbst für die Ausübung ungelernter Tätigkeiten die Vorlage eines Führungszeugnisses ohne Einträge, was nicht so einfach ist, wie es vielleicht scheint. Wenn die Erntemaschine Reste von Bohnen oder Mais auf dem Feld übrig gelassen hat, ist es den Anwohnern untersagt, sie aufzulesen, ja es wird zum Verbrechen erhoben. Nach Aussage der Bewohner auf dem Dorfplatz sitzen manche heute in Haft, weil sie für ihre Familien Verwertbares von den abgeernteten Äcker aufgesammelt hatten.
Die ländlichen Gemeinden wie Sanguily haben einer Revolution viel zu verdanken, die die Zäune des Großgrundbesitzes niederriss und mitten im Nichts Schulen, Apotheken und Postämter, ja selbst Jugend-Computerclubs errichtete, die ihnen Gesundheit und grundlegende Infrastruktur brachte, die die GroßgrundbesitzerInnen vertrieb und ihnen die Reitgerte abnahm, damit sie damit den Menschen, die immer auf diesem Boden gearbeitet hatten, nicht mehr in die gegerbten Gesichter schlagen konnten.
Die Revolution, ein begeisterter Fidel auf dem kleinen Balkon, 20.000 Avileños, die an seine Versprechungen glaubten, schafften das Allerschwierigste: Sie machten einen Traum wahr. ¿Was wird es kosten, ihn zu bewahren?
* * *
Versión original:
Un pueblo después de la memoria
Llegamos al poblado de Sanguily*, al Sur de Ciego de Ávila (Cuba), queriendo escribir sobre sus casas de techos y paredes acanaladas, como hojas de papel dobladas por un niño, o de su historia singular que, con el barredor de tristezas de la Revolución Cubana, le quitó el látigo a la Doña Bárbara de aquellos lares y plantó sobre los rojos suelos la semilla de la prosperidad.
Pero casi seis décadas después de aquella multitud enardecida y de las palabras de Fidel Castro en el pequeño balcón, que ha quedado como testigo del asombro, Sanguily y sus casi 7000 habitantes merecen más que vivir de las memorias.
La vida transcurre allí con la parsimonia del entorno rural cubano. En las mañanas, los niños van a la escuela y sus padres a trabajar. Hay quien vive a tres pasos del aula y apenas nota que el polvillo anaranjado de la tierra roja y seca va tejiéndole en los zapatos finas hebras, como dibujos. Sin embargo, hay otros que le salen de las entrañas al campo, de pequeños asentamientos que pareciera no están en el mapa, y para cuando los temporales anegan los canarreos del camino llegan con los pies embadurnados y el fango bajo las uñas.
A Sanguily le hacen falta caminos para que su gente no maldiga la época de lluvia como maldice, luego, la sequía que los asfixia, de tanto calor y polvo. “Los tractores pasan muy rápido y levantan la tierra. Aquí los niños llegan con el uniforme sucio a la escuela“, dice una madre que nos cuenta sus pesares, cual si el trazo que deja el bolígrafo sobre la agenda fuera suficiente alivio.
“Mire periodista, ponga ahí que se hay problemas con los médicos en la posta, que unas veces llegan tarde, porque no residen en el pueblo, y que en más de una ocasión hemos tenido niños asmáticos, mujeres de parto, ancianos enfermos, y la respuesta ha tardado“.
Sin darnos cuenta, varios pobladores se acercaron a la esquina del parque donde indagamos por una de las historias de Sanguily, la del cine móvil, bajo las estrellas. Pero no querían hablar de cómo 24 imágenes fijas pueden convertirse en una en movimiento, sino de cómo mover la realidad que, ahora mismo, parece se ha detenido. La ausencia de transporte, apenas un ómnibus en la mañana y otro en las tardes, insuficiente para la matrícula de adolescentes que asisten al preuniversitario o el politécnico, o las personas que trabajan en Venezuela y Ciego de Ávila, más el normal flujo de la gente, que va y viene, enuncian la quietud de una localidad que, cuando puede, se desangra con los boteros, acaso la última opción.
̶ ¿Y la carata?
̶ Lleva un mes rota y ahora están arreglando el vial.
En el batey viejo, al que aún llaman La Ignacia, no han podido conjurar todavía el acceso a la electricidad, y por eso unas 70 casas se mantienen atadas a las inestables tendederas, que unas veces encienden sus bombillos y otras los funden (y también los televisores, refrigeradores, las hornillas). Dice Carlos Alberto Espinosa Serpa, presidente del Consejo Popular, que ese es un planteamiento histórico y que, hasta ahora, no ha tenido solución. Sin respuesta está, también, hace más de un año, la bomba hidráulica que obliga a enviar un carro cisterna para abastecer el agua potable que, dicho sea de paso, no siempre cumple puntualmente su encomienda.
Pero si alguna circunstancia lacera el alma de la comunidad es la añoranza por la empresa que les dio trabajo y sustento en el pasado. Juventud Heroica, que así se llamaba la entidad, extinta porque no pudo corregir las pérdidas económicas y sobre el campo, cedió su espacio y hasta sus oficinas a otra, y las reglas del juego cambiaron.
Ahora, la principal fuente de trabajo a la redonda precisa, como requisito, incluso para puestos de menor calificación, tener los antecedentes penales en cero, algo que es más complicado de lo que parece. También, cuando pasa la cosechadora de granos, y sobre los surcos queda frijol o maíz aprovechable, se les prohíbe a los pobladores recogerlos y, lo que es peor, se criminaliza esa acción. Según comentaron los vecinos reunidos espontáneamente en el parque, algunos hoy guardan prisión por recuperar de entre la tierra revuelta el sostén de sus familias.
Las comunidades de campo como Sanguily tienen mucho que agradecerle a una Revolución que cortó las cercas de los latifundios y construyó escuelas y farmacias, y correos, y Joven Club de Computación en medio de la nada; que les dio salud y servicios básicos tan cercanos como el cantío de un gallo; que desterró a las Doña Bárbaras y les quitó la fusta, para que no marcaran el rostro curtido de la gente que siempre trabajó la tierra. La Revolución, Fidel entusiasmado en el pequeño balcón, 20 000 avileños confiando en sus promesas cumplidas, hicieron lo más difícil: concretaron un sueño. ¿Cuánto cuesta mantenerlo?
*La comunidad Manuel Sanguily fue la primera construida por la Revolución en la antigua provincia de Camagüey. El domingo 11 de septiembre de 1960, Fidel Castro la inauguró ante una multitud de más de 20 000 personas. Desde el balcón de una vivienda que todavía se conserva, anunció la construcción de 92 casas, consultorio del médico de la familia, escuela, sistema de acueducto, alcantarillado y electricidad.
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