Labour-Skandale in Großbritannien: Keir Starmer verliert rechte Hand

Im Zuge der Skandale um Großbritanniens Premierminister tritt die mächtige Stabschefin Sue Gray zurück. Ein Labour-Insider tritt an ihre Stelle.

Frau mit Sonnenbrille

Undurchsichtig: die zurückgetretene Sue Gray Foto: Aaron Chown/PA Wire/dpa dpa PA Wire

Berlin taz | Mit einem großen Stühlerücken in 10 Downing Street versucht Großbritanniens angeschlagener Premierminister Keir Starmer, seine Position wieder zu festigen. Seine übermächtige Stabschefin Sue Gray trat am Sonntagnachmittag zurück. Sie reagiere damit darauf, „dass die intensive Kommentierung meiner Position eine Ablenkung von der wichtigen Arbeit der Regierung zu werden drohte“, erklärte die 67-Jährige.

Sue Gray wurde Anfang 2022 bekannt, als sie in ihrer damaligen Rolle als hohe Beamtin die Untersuchung über Boris Johnsons mutmaßliche Brüche von Coronaregeln („Partygate“) leitete, die dazu beitrug, dass er nach einem halben Jahr das Amt verlor. Im März 2023 wechselte sie vom Beamtentum ins Büro des Labour-Oppositionsführers Keir Starmer als Stabschefin, was ihr den Vorwurf einbrachte, sie habe aus politischen Gründen gegen Johnson ermittelt.

Als Keir Starmer in diesem Juli Premierminister wurde, blieb Gray Stabschefin – und wurde Zielscheibe von Vorwürfen, sie treffe eigenmächtige Entscheidungen, verhindere Zugang zu Starmer und habe sich ein höheres Gehalt als der Premierminister erkämpft. Sue Gray wurde von Kritikern mit Dominic Cummings verglichen, dem übermächtigen ersten Stabschef von Boris Johnson.

Freundschaft mit schillerndem Großspender

Grays Karrierekiller wurde ihre Freundschaft mit Labour-Oberhausmitglied Lord Ally. Der leistete Sach- und Geldspenden für Starmer in erheblicher Höhe und stellte ihm eine Londoner Luxuswohnung für die Zeit des Wahlkampfes zur Verfügung, was aber erst hinterher herauskam.

Gray soll Ally einen unbeschränkten Hausausweis für 10 Downing Street gegeben haben – Ally spendete für den Wahlkampf von Sue Grays Sohn Liam Conlon, der für Labour im Unterhaus sitzt. All diese Skandale haben Starmer massiv in Bedrängnis gebracht. Vergangene Woche gingen zwei kommunale Nachwahlen für Labour haushoch verloren – eine an die rechte Reform UK, eine an die Grünen.

Neuer Stabschef wird jetzt Morgan McSweeney, Labours Wahlkampfleiter. McSweeney und Gray waren in 10 Downing Street zuletzt Rivalen: über Gray liefen die Kontakte von Regierung zum Premierminister, über McSweeney die von der Labour-Partei zum Premierminister. Nun rückt McSweeney an Grays Stelle.

Vergangene Woche trat schon der oberste Beamte in 10 Downing Street, der seit 2020 amtierende Simon Case, zurück, angeblich nach Zerwürfnissen mit Sue Gray. Eine Nachfolge gibt es noch nicht.

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