piwik no script img

■ La-Belle-Prozeß: Hintergründe des Anschlags bleiben im dunkelnUnzulässiger Deal

Die Generalstaatsanwaltschaft in Berlin gibt derzeit kein besonders gutes Bild ab. Steht sie doch im Verdacht, in einem wichtigen Prozeß mit eigentümlichen Tricks gearbeitet zu haben. Im Verfahren um den Sprengstoffanschlag auf das Berliner Tanzlokal „La Belle“ hat die Anklagebehörde nach Auffassung des Gerichtes einem der Angeklagten einen unzulässigen Deal unterbreitet: Packe aus, und deine Strafe sinkt erheblich! Unabhängig davon, wie die damit ausgelöste juristische Auseinandersetzung ausgehen wird, dürften die Geheimdienstler der verschiedensten Länder erleichtert aufatmen. Denn der Prozeß wird jetzt wohl platzen oder zu nichts führen, weil das frühere Geständnis als Beweis nicht taugt. Perdu ist damit auch der Anlaß, die dubiose Rolle der Nachrichtendienste bei dem Attentat, das drei Menschen das Leben kostete und mehr als 200 zum Teil schwer verletzte, auch nur annähernd auszuleuchten.

Daß der Anschlag unter den Augen der DDR- Staatssicherheit und der von ihr informierten Staatsführung geplant, organisiert und schließlich durchgeführt worden ist – das ist aus den Akten des untergegangenen Mielke-Imperiums mittlerweile hinreichend belegt. Völlig offen ist aber heute noch, wieweit etwa bundesdeutsche Verfassungsschutzbehörden oder der US-amerikanische Geheimdienst CIA im Vorfeld des Anschlages informiert, wenn nicht sogar involviert waren. Immerhin verfügten beide Dienste über Informanten, die sich im Umfeld des libyschen Volksbüros in Ost-Berlin bewegten. So wird denn auch der – vielleicht falsche – Verdacht nicht ausgeräumt werden, den USA sei das Attentat sogar ganz recht gewesen.

Der Anschlag geschah immerhin zu einem Zeitpunkt, an dem sich die Konfrontation zwischen Libyens Staatschef Gaddafi und der US-Administration gefährlich zuspitzte. Präsident Ronald Reagan ließ zehn Tage nach dem Attentat seine Luftstreitmacht einen Vergeltungsschlag gegen militärische Einrichtungen in den libyschen Städten Tripolis und Bengasi fliegen. Die Bomben galten nicht nur militärischen Einrichtungen, sie zielten direkt auf den Revolutionsführer. Reagan behauptete anschließend, über Beweise für eine libysche Urheberschaft zu verfügen. Konkrete Belege blieb er aber schuldig. Die Libyen- Connection wurde immer wieder behauptet – sie bekam aber erst durch die Öffnung der MfS-Archive eine Plausibilität. Doch auch der Stasi war es nicht gelungen, die Rolle der Nachrichtendienste im Westen zu durchleuchten. Wolfgang Gast

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen