LESERINNENBRIEFE :
Skeptischer Verbraucher
■ betr.: „Die Allerwelts-AG“ u. a., taz vom 8. 4. 10
Als Verbraucher kann ich die geplanten Ergebnisse der Kooperation zwischen Daimler, Renault und Nissan zur Kostenoptimierung und die Produktion eines ökologisch verträglichen urbanen Kleinwagens nur sehr skeptisch betrachten. Bisher hat Daimler alle Kooperationen – vom Reuter’schen Weltkonzern bis Daimler-Chrysler – in einem riesigen Milliardengrab beerdigt. Und einen „urbanen“ Kleinwagen haben sie mit dem Smart auch nie hingekriegt. Aus dem „Mobilitätskonzept Smart“ wurde ein in Anschaffung, Unterhalt und Benzinverbrauch völlig überteuertes Mikro-Fahrzeug mit vielen Kinderkrankheiten. Gedanklich befinden sich die drei Konzerne noch immer im ingenieursmäßigen Fahrzeugbau und betrachten moderne – insbesondere auch ökologische – Anforderungen an Pkw eher als „Nischenmarkt“. Solange Fahrzeugproduzenten Fahrzeuge produzieren und nicht „Mobilität“ verkaufen/erzeugen, wird sich da auch nichts ändern. WOLFGANG SIEDLER, Langenhagen
Eine großartige Frau
■ betr.: „Die Mission des Präsidenten“ u. a., taz vom 12. 4. 10
Wieso ist es kaum einem Journalisten bei uns einer Erwähnung wert, dass bei dem Flugzeugabsturz von Katyn auch die 80-jährige Anna Walentynowicz ums Leben gekommen ist? Ihre Entlassung auf der Danziger Werft führte im August 1980 zum Streik, der letztlich nicht nur das Ende des kommunistischen Regimes in Polen bedeutete, sondern auch die Wende von 1989 einläutete. Sie war Gründungsmitglied der Solidarność und neben Lech Wałęsa die wichtigste Streikführerin, der die Arbeiter vertrauten. Wenn schon überall vom Verlust der polnischen Führungselite die Rede ist, dann sollten wir vor allem dieser großartigen Frau gedenken.
EBERHARD SCHMIDT, Bremen
Was ist „weibliche Strahlkraft“?
■ betr.: „Ein Mädchen, na und?“, taz vom 9. 4. 10
Einmal mehr wird Merkel vorgeworfen, es fehle ihr an „Weiblichkeit“, sie habe „ihr Geschlecht zum Verschwinden“ gebracht. Ja, was ist das denn, „weibliche Strahlkraft“ und „weibliches Rollenverständnis im emanzipativen Sinn“? Ach ja, „pralle Weiblichkeit“, das ist Merkels Dekolleté beim Opernbesuch. Sollte „Weiblichkeit“ vielleicht etwas mit den „weiblichen“ Erscheinungsformen zu tun haben, die Männer sexuell attraktiv finden? Gäbe es irgendeinen vernünftigen Grund für Frau Merkel, diese Form von „Weiblichkeit“ zu zelebrieren? Und was die mangelnde Frauensolidarität anbelangt: Es ist völlig gleich, aus welchen Gründen die Kanzlerin die stockkonservative deutsche Familienpolitik ein kleines bisschen aufgemischt hat. Hauptsache: Sie hat. Und was ihr vorzuwerfen ist, ist nicht ihr „Panzerjackett zugeknöpft bis obenhin“ (stimmt im Übrigen nicht, sie trägt schöne Halsketten zur Schau), sondern dass sie nach hoffnungsvollen Anfängen nicht weitermacht, dass sie die Politik zu moderieren versucht, statt Konzepte zu präsentieren und umzusetzen. CLAUDIA PINL, Köln
„Sagt Nein!“
■ betr.: „Kanzlerin verabschiedet Soldaten“, taz vom 10. 4. 10
In Afghanistan wird nicht „unsere Freiheit verteidigt“, sondern ein von Anfang an völkerrechtlich und politisch absolut fragwürdiger Krieg geführt. Die USA haben auf den Terrorakt des 11. 9. 01 bewusst unverhältnismäßig mit der Invasion eines ganzen Landes reagiert, d. h. nicht – wie völkerrechtlich angemessen – gezielt polizeilich, diplomatisch und juristisch agiert, sondern massiv militärisch. Mit der Erklärung des Nato-Bündnisfalles hat sich auch Deutschland auf die Logik der Terroristen eingelassen und ihnen genau das geliefert, was sie haben wollen: Krieg. Dass aber Kriege in Afghanistan noch nie im Sinne der Invasoren funktioniert haben, darauf hat der Realpolitiker und Weltkriegs-Offizier Helmut Schmidt unlängst hingewiesen. „Unsere“ Soldaten sterben also – so bitter das ist – für eine verfehlte Politik und nicht für unser „Land“. Sie sind Opfer dieser Politik und nicht „Helden“. Eine Schande ist, dass Struck damals und Guttenberg heute ihre politische und emotionale Propaganda ohne Aufschrei der Öffentlichkeit zelebrieren können.
Drei junge Deutsche sind sinnlos getötet worden. Und wie um die ganze absurde Spirale der Gewalt vorzuführen, sechs junge Afghanen „aus Versehen“ dazu. Täglich sterben zivile „Kollateral“-Opfer. Und auch junge Taliban, die glauben, ihr Land zu befreien. Die einzig würdige Antwort im Angesicht der Toten hat uns der Kriegsteilnehmer Wolfgang Borchert auf den Weg gegeben: SAGT NEIN!
JOSCHA ZMARZLIK, Genua, Italien