LESERINNENBRIEFE :
Links fahren!
■ betr.: „Gefährliches Pflaster“, taz v. 8. 8. 2014
Drei schwerste Fahrradunfälle in 45 Minuten in Berlin, eine Tote! Drei Frauen, die an Kreuzungen (von Lastern) überfahren wurden! Das muss aufhören! Ich sag immer, lass doch alle Fahrradfahrer links fahren: Und zwar da, wo ein Fahrradweg ist, eben auf der linken Seite Fahrradweg, und da, wo kein Fahrradweg ist, auf dem linken Bürgersteig. Dann gibt es diese Rechtsabbiegeunfälle gar nicht mehr!
Nicht umsonst und mit dem Erfolg der weitestgehenden Unfall-mit-Todesfolge-Vermeidung wird vom Fußgänger auf der Landstraße verlangt, dass er links geht und nicht rechts. Die Vorschrift für die Fahrradfahrer, rechts zu fahren (wie die Autos), tötet die Fahrradfahrer. Beim Linksfahren wäre das nicht möglich (weil ein Übersehen in diesem Falle gar nicht möglich ist!)!
Warum, verdammt noch mal, haben wir so unhörbar sanfte Fahrradlobbys? ANNETTE AHME, Berlin-Kreuzberg
Von den Nazis eingeführt
■ betr.: „Die Dreivierteljüdin“, taz vom 8. 8. 14
Eine rührende Geschichte. Doch im Grunde wird hier bloß die nationalsozialistische Rassenideologie weiter am Leben erhalten.
Das Judentum kennt nämlich keine Halb-, Viertel-, Achteljuden oder Dreivierteljuden, sondern nur ganze Juden. Jude ist, wer eine jüdische Mutter hat oder zum Judentum konvertiert. Und das vollständig. Punkt. Gehört der Vater einer anderen Religion an, ist das Kind der jüdischen Mutter trotzdem ein vollständiger Jude.
Der Begriff „Halbjude“ (erstmals 1941 in den Duden aufgenommen) wurde von den Nazis eingeführt und entstammt deren Rassenideologie. Begriffe wie „Vierteljude“, „Achteljude“ oder „Dreivierteljude“ ebenso (dem Reichsbürgergesetz vom 15. 9. 1935 zufolge „jüdische Mischlinge“). Wenn sich heute Menschen, deren Vorfahren einst der jüdischen Religion angehörten, „als berlinisch-polnische Dreivierteljüdin“ bezeichnen, übernehmen sie damit – vielleicht unbewusst – die nationalsozialistische Definition.
Das Judentum ist jedoch eine Religionsgemeinschaft und keine nach rassischen (also verwandtschaftlichen) Gesichtspunkten abgrenzbare Gruppierung.
MICHAEL SCHÖFER, Mannheim
Mühsame Wege
■ betr.: „PR-Strategie: Medien tappen in Strafanzeigen-Falle“, taz.de vom 28. 7. 14
Einen solchen Artikel hätte ich der taz nicht zugetraut. Gibt es vielleicht noch Unterschiede zwischen den Anzeigen eines CDU-Abgeordneten, als politisch gezielt eingesetzten Mitteln, und den mühsamen Wegen, die Bürgerinitiativen beschreiten, um politisch etwas zu bewegen?
Ich habe damals mit Unterschriften für den Volksentscheid gesammelt, dessen Sinn und Zweck war:
a) die Geheimverträge offenzulegen,
b) sie dadurch juristisch angreifbar zu machen,
c) dadurch letztendlich eine kostengünstige Rekommunalisierung zu erreichen. Wieso greift Herr Heiser einen Teil dieser Strategie an? Und wieso wäre es verwerflich, wenn der Wassertisch dadurch, mehr als durch Pressemitteilungen, in die Medien gelangte? KAIE HAAS, Berlin
Ein Mahnmal
■ betr.: „Initiative will Mauerreste retten: Die Mauer steht noch“, taz.de vom
Die Mauer stellt einen wichtigen Bestandteil unserer Geschichte dar und muss als Mahnmal bestehen bleiben. Nun zu Recht möchten unsere Politiker, dass unsere Geschichte in der Schule als Pflichtunterricht intensiver gelehrt wird.
Stefan Mustermann, taz.de
Heuchelei statt Mut
■ betr.: „Oranienplatz-Flüchtlinge: Senat lässt den Deal platzen“, taz.de vom 13. 8. 14
Wie ekelig. Wir haben keinen nationalistischen Faschismus mehr in Deutschland und Europa, sondern einen administrativen.
Das gesellschaftliche Leben wird nur noch in Rechtsprozessen begriffen und gesteuert. Die Einzelfallentscheidung nach Gewissen und persönlichem Ermessen erfordert Mut und Verantwortung, keine Anpassung und Heuchelei.
CäptnTrips, taz.de
Im Soziologenlabor
■ betr.: „Flaschen sammeln: Ab in die Kiste“, taz.de vom 6. 8. 14
Der Flaschensammler als Labormaus … wer keine Lobby hat, wird missbraucht und verarscht! Niemand hätte gedacht, dass das Flaschenpfand einmal als Existenzberechtigung von Soziologen und Sozialpädagogen dienen wird. Und man kann sogar hochsubventionierte Projekte der Sozialindustrie damit verknüpfen. Lustigerweise werden dann aus dem Kreis der potenziellen Flaschensammler die Teilnehmer solcher sinnfreien Maßnahmen durch das Jobcenter zwangsrekrutiert. Wenn Labormäuse sich selbst beobachten sollen, könnte das Ergebnis leicht verfälscht werden. Aber daraus ließe sich ja dann auch wieder eine Studie auf Metaebene basteln – aber dann bitte nicht unter Beteiligung langzeitarbeitsloser Soziologen! Im Grunde geht es ja nur darum, den im Müll wühlenden Flaschensammler aus dem Blickfeld des abstiegsangstgeplagten rechtschaffenen Bürgers zu verbannen. Stanko, taz.de
Fest feiern ohne Geld
■ betr.: „Olympia in Berlin: Henkel will zwei Milliarden ausgeben“, taz.de vom 12. 8. 14
Eine Stadt, die pleite ist und am Tropf anderer Bundesländer hängt, will 2 Milliarden Euro für Olympia ausgeben. Das finde ich dreist! Ich würde auch gern ein großes Fest feiern – aber wo findet sich jemand, der das bezahlt? Tupaq, taz.de