Kulturzentrum Oyoun: Zum Schluss noch mal Stress
Das Neuköllner Kulturzentrum zieht zum Jahreswechsel aus, gerade gab es nochmal Krach. Der Rechtsstreit um die gecancelte Förderung läuft weiter.
![Das Oyoun in der Lucy-Lameck-Straße in Berlin-Neukölln Das Oyoun in der Lucy-Lameck-Straße in Berlin-Neukölln](https://taz.de/picture/7432820/14/37291409-1.jpeg)
Hintergrund für die neuerlichen Auseinandersetzungen ist, so vermutet Sbou, mal wieder ein Tagesspiegel-Artikel. Die Zeitung hatte vorige Woche berichtet, das Oyoun werde den Auszug am 8. Januar womöglich mit einer Besetzung hinauszögern. Zudem provoziere Oyoun „erneut“ einen Eklat, indem es für vorigen Freitag „dem notorischen Gewalt- und Terrorverharmloser Ramsis Kilani eine Bühne“ gab. Kilani wurde wegen Äußerungen zu Hamas und Israel kürzlich aus der Linkspartei geworfen.
Die Veranstaltung habe stattgefunden, so Sbou, aber sie sei keine Eigenveranstaltung gewesen, man habe die Räume vermietet. Zudem sei „alles friedlich“ gewesen, „die Polizei war da“, weil es Angst vor Störungen durch Dritte gegeben habe. „Es wurde nichts gesagt, was strafrechtlich relevant oder undemokratisch war.“
Antisemitismus-Vorwürfe unbewiesen
Die erneute Aufregung ist symptomatisch für den Umgang mit dem Oyoun seit gut einem Jahr. Damals strich die Kulturverwaltung den Neuköllnern die Förderung. Grund war, dass das Oyoun Veranstaltungen in seinen Räumen zuließ, die Kultursenator Joe Chialo (CDU) als „antisemitisch“ galten, weil sie propalästinensischen Stimmen Raum gaben. Eine Evaluation seiner eigenen Verwaltung konnte diese Unterstellung allerdings nicht bestätigen, das Oyoun gewann auch zwei Gerichtsverfahren gegen den Tagesspiegel wegen dessen Antisemitismus-Behauptungen. Offiziell behauptete die Kulturverwaltung, die Förderung des Oyoun würde „regulär“ auslaufen. In der Sache läuft bis heute ein Rechtsstreit.
Trotz Einstellung fast der gesamten Förderung und Kündigung der Räume in der Lucy-Lameck-Straße 32 machte das Oyoun das ganze Jahr 2024 weiter mit dem geplanten, wenn auch abgespeckten Programm. Viele Mitarbeiter arbeiteten ehrenamtlich, andere verließen das Land, oder bekamen aufenthaltsrechtliche Probleme wegen der Kündigung ihrer Jobs.
Man habe gekämpft, solange es ging, aber gegen einen „Machtapparat“ wie die Kulturverwaltung habe man letztlich keine Chance, sagt Sbou nun. Wie es weitergehe, sei noch unklar. Man fühle eine Verantwortung, „gegen den grassierenden Rechtsruck in Deutschland, die Einschränkung der Kunstfreiheit, gegen Cancellation und Defunding“ zu arbeiten. „Wenn ich darüber im Ausland Vorträge halte, sind alle ganz schockiert, was zurzeit in Berlin passiert“.
Unklar ist auch, wie es mit dem Nachfolger weitergeht. Der Verein Tanzzeit hatte die Ausschreibung der Kulturverwaltung gewonnen, will ein „junges Tanzhaus Berlin“ eröffnen. Doch durch die Streichliste des Senats wurden dem Verein die Mittel um 18 Prozent gekürzt.
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