Kulturministerin Hadia Tajik: Eine Muslimin für Norwegen
Hadia Tajik ist Norwegens Kulturministerin und die erste Muslimin in einem skandinavischen Kabinett. Und das soll erst der Anfang sein.
Googelt man „Hadia Tajik“ in der norwegischen Version der Suchmaschine, schlägt die als erste Alternative den Zusatz „Single“ vor. Interessieren sich User also vorwiegend für ihre Familienverhältnisse? „Also unverheiratet bin ich tatsächlich“, lacht die 29-Jährige, die seit Freitag die jüngste Ministerin in der Geschichte Norwegens ist: „Aber mehr will ich zu meinem Privatleben nicht sagen.“
Ein weiterer von Google vorgeschlagener Zusatz lautet „Muslim“. Auch fast korrekt. Die neue Kultusministerin der rot-rot-grünen Regierung Stoltenberg ist die erste Muslimin in einem skandinavischen Kabinett. „Höchste Zeit“, kommentierte Norwegens Staatsoberhaupt König Harald die Ernennung.
Nicht alle NorwegerInnen scheinen das so zu sehen. „Muslimhure“ ist eine der Mail-Beschimpfungen, an die sich Tajik gewöhnen musste, seit sie als Parlamentsabgeordnete und Ratgeberin in verschiedenen Ministerien ins öffentliche Scheinwerferlicht gerückt war.
Norwegens Pakistanerin des Jahres
Darüber rege sie sich mittlerweile nicht mehr auf, „das ist zu viel Energieverschwendung“. Für ihre Familie sei solcher Hass aber nach wie vor nicht so leicht zu schlucken. Zumal nach dem 22. Juli 2011: An diesem Tag war sie auf Utøya, doch verließ sie die Insel, kurz bevor der Terrorist Breivik dort sein Blutbad anrichtete.
Die pakistanischen Eltern zogen ihre Tochter Tajik nahe dem westnorwegischen Stavanger auf. Dort studierte sie Journalistik, später in Oslo Jura und machte noch einen Master in „Human Rights“ an Londons Kingston University. 2008 erhielt sie den Titel „Norwegische Pakistanerin des Jahres“ und schaffte es bereits als 25-Jährige auf die Liste der „20 mächtigsten Frauen“ des Landes.
Ein Jahr später wurde sie ins Parlament gewählt. Schon mit 23 hatte sie einen Beraterjob im Büro von Ministerpräsident Stoltenberg. Seitdem habe er sie für ein Ministeramt im Auge gehabt, erklärte der jetzt.
Das Kultusministerium wird für die in den Medien als großes politisches Talent gehandelte Tajik wohl erst der Anfang sein. Gewinnen die Sozialdemokraten die Wahlen im kommenden Jahr, könnten gewichtigere Ressorts wie das Arbeits-, Integrations- oder Justizministerium auf sie warten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Frauen in der ukrainischen Armee
„An der Front sind wir alle gleich“
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“