Kultlauf im Thüringer Wald: Zurück im Glück
Nach einer Zwangspause sind beim Rennsteiglauf in Thüringen nur 7.000 Finisher dabei. Die Normalität ist noch nicht ganz wieder da.
Die Pandemie hat dem legendären Rennsteiglauf-Klassiker im Thüringer Wald arg zugesetzt, auch in wirtschaftlichen Belangen. Im Mai 2020 und auch ein Jahr später musste der Lauf deshalb ausfallen. Doch die Organisatoren gaben alles, um den Aktiven am vergangenen Wochenende nach mehr als 16-monatiger Zwangspause beste Bedingungen zur 48. Auflage des größten Landschafts-Crosslaufes in Mitteleuropa zu bieten.
Allerdings gab es gegen Ende der Laufsaison und der Konkurrenz mit anderen Veranstaltern beim jetzigen Ausweichtermin weitaus weniger Teilnehmende als sonst. Waren es 2019 beim Rennsteiglauf insgesamt 16.000 Finisher auf den verschiedenen Distanzen, so sind es diesmal nur rund 7.000 gewesen. Der Juniorcross soll am kommenden Wochenende stattfinden.
Zweifelsohne ist so ein großes Breitensportereignis wie der Rennsteiglauf, wo bis heute keine Antritts- oder üppige Preisgelder gezahlt werden, auch ein Wirtschaftsfaktor für die Tourismusbranche in Thüringen, die pandemiebedingt ohnehin schon viele Einbußen hinnehmen musste.
Die ersten Kilometer der Königsdisziplin, der Supermarathonstrecke am Samstag von Eisenach nach Schmiedefeld über 73,9 Kilometer, hatten diesmal einen besonderen optischen Reiz. Vom Marktplatz in Eisenach hinauf zum Höhenkammweg Rennsteig liefen viele der 1.352 Aktiven mit Stirnlampe, da es im Unterschied zum Monat Mai selbst zur geänderten Startzeit um 6.30 Uhr im Oktober noch dunkel war. Gestartet wurde wegen der einzuhaltenden Hygienekonzepte auf allen Laufstrecken in Blöcken.
Plexiglaswände bei der Verpflegung
Mehr als 1.300 Helfer aus über 30 Vereinen waren im Einsatz. Auch an den zahlreichen Verpflegungsstellen, wo die Läufer ihre Kohlenhydrats- und Flüssigkeitsverluste wieder ausgleichen, war ein erhöhter Aufwand nötig. An mehreren Verpflegungspunkten, so auch am Grenzadler bei Oberhof bei Kilometer 54 waren Plexiglaswände installiert.
Eine wahre Freude ist es immer, in die vielen fröhlichen Gesichter der LäuferInnen zu blicken, die vor dem letzten und für viele härtestem Stück der Supermarathonstrecke vom Grenzadler hinauf zum Großen Beerberg und dem mit 974 Metern höchstem Streckenpunkt, mit großer Zuversicht und getragen von der Euphorie auch der Zuschauer, die finalen 20 Kilometer in Angriff nehmen. Nur wenige gaben vorher auf.
Auf den Verpflegungstischen wurden für die Läufer die Äpfel- und Bananenstücke, Früchteriegel und Wurstbrote auf kleine Pappen gelegt, wo früher große Schüsseln zum Reingreifen standen. Getränke sowie den traditionellen Haferschleim (2.000 Liter wurden angerührt) mit Heidelbeeren und das Schwarzbier kurz vorm Ziel gab es in recyclebaren Pappbechern. Das Wetter war zum Glück stabil und trocken, Schlammschlachten und damit einhergehende Rutschgefahr auf aufgeweichten Waldwegen gab es keine. Einige Stürze indes schon.
Die beiden gebürtigen Thüringer, Frank Merrbach aus Friedrichroda, der für die LG Berlin Nord startete und 5 Stunden 32 Minuten für seinen Sieg beim Supermarathon brauchte, sowie Juliane Totzke aus Gräfenroda, die schon 2019 gewann und mit ihrer diesjährigen Siegerzeit von 5 Stunden 53 Minuten der zweitplatzierten Christine Fischer-Bedtke (Leipzig) ganze 40 Minuten abnehmen konnte, freuten sich riesig. Juliane Totzke bedankte sich hinterher herzlich im MDR beim Publikum entlang der Wegstrecke, die sie und all die anderen Teilnehmenden angefeuert haben.
Auf der 42,2 Kilometer langen Marathonstrecke von Neuhaus nach Schmiedefeld siegte mit Streckenrekord Filimon Abraham, der vor sieben Jahren aus Eritrea nach Deutschland kam. Die Frauenkonkurrenz entschied bei ihrer Rennsteiglauf-Premiere Anna Hahner aus Frankfurt am Main für sich, die 2016 bei den Olympischen Sommerspielen in Rio mit ihrer Zwillingsschwester Lisa den Marathon bestritt.
Der Halbmarathon, der von Oberhof nach Schmiedefeld führte und auf den Sonntagmorgen verlegt wurde, hatte zwar 3.995 Anmeldungen, aber nur 2.866 LäuferInnen gingen letztendlich auf die Strecke. Da in 50er-Blöcken gestartet wurde, zog sich das Startgeschehen deutlich über drei Stunden hin. Deshalb hoffen viele der Aktiven, dass es bei der 49. Rennsteiglauf-Auflage, die am 21. Mai 2022 über die Bühne gehen soll, „wieder in halbwegs normalen Bahnen abläuft und wieder gemeinsam im Startareal das Rennsteiglied und der Schneewalzer gesungen werden kann, so wie es jahrzehntelang war“.
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