Küstenschutz in Spanien: Strandbuden vom Abriss bedroht
Die beliebten "Chiringuitos" sollen auf Grund eines Küstengesetzes für Umweltschutz verschwinden. Dabei sind die Kioske ein wichtiger Sektor in Zeit der Krise. Die Hotels dürfen bleiben.

MADRID taz Spaniens Landwirtschafts- und Fischereiministerium möchte das seit 1988 gültige Küstengesetz durchsetzen. Das erste Opfer werden die Chiringuitos - Spaniens beliebte Strandbuden - sein. Wer weniger als 100 Meter vom Wasser entfernt Getränke verkauft, oder Hamburger und Fisch brät, muss mit einem Abrissbescheid rechnen. Das gab jetzt der zuständige Staatssekretär Juan Carlos Martin Fraguiero bekannt.
Die Proteste lassen nicht auf sich warten. Alleine in Andalusien leben mehr als 40.000 Menschen vom Hunger und Durst der Badegäste. 600 Millionen Euro werden jährlichen von den Chiringuitos verdient. Dies ist in Zeiten der Krise kein ganz unwichtiger Sektor. "Wir verlangen, dass unsere Lizenzen erneuert werden. Schließlich ist das seit Inkrafttreten des Gesetzes 1988 immer so gewesen", verlangt ein Sprecher des Verbandes der Strandbudenbesitzer. Wenn ihnen das Ministerium kein Gehör schenkt, wollen sie nach Madrid ziehen und dort in der Innenstadt Fisch braten.
Der Küstenschutz wurde vor zwei Jahren von der damaligen Umweltministerin Cristina Narbona wieder entdeckt. Sie grub das Gesetz aus dem Jahre 1988 aus und holte Informationen ein. Doch nicht etwa über Strandbuden, sondern über Hotelkomplexe und Siedlungen, die den Strand nicht respektieren. Erste Bescheide wurden zugestellt. Narbona machte sich mit dieser Politik mächtige Feinde. Vor einem Jahr gab der sozialistische Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero dem Druck nach und löste seine streitbare Umweltministerin ab. Das Ministerium wurde aufgelöst. Die Zuständigkeit fiel an die Ministerin für Landwirtschaft und Fischfang Elena Espinosa. Der Küstenschutz nahm eine unerwartete Wende. Die neue Zuständige nimmt die Chiringuitos und kleine Fischerhäuser ins Visier.
Auf der Insel Teneriffa rollten die Bagger bereits. Sie rissen eine kleine Siedlung armer Fischer aus den 50er Jahren ab. Die weißen Häuschen, die gerne auch von Touristen besucht wurden, waren zu nahe am Wasser gebaut.
Spaniens Umweltschützer wundern sich über diesen Tatendrang. Denn die großen Bausünder werden von Espinosa verschont. Der Abrissbescheid aus Narbonas Zeiten gegen ein Hotelbaustelle, die im Nationalpark Cabo de Gata in Südspanien den Küstenstreifen verletzt, wurde ausgesetzt. Das gleiche gilt für einen Ferienkomplex in Lanzarote, der den gesetzlich garantierten freien Zugang zum Strand versperrt und für zwei sich im Bau befindlichen 22-stöckigen Hoteltürme im Mittelmeerort Benidorm.
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