Kubas Kampf gegen Steuerhinterziehung: Neue Regeln für Privatwirtschaft
Die Behörden auf Kuba vergeben wieder Lizenzen für die Arbeit auf eigene Rechnung. Sie wollen damit gegen Steuerhinterziehung vorgehen.
Der 7. Dezember ist der Stichtag. Dann werden die kubanischen Behörden wieder Lizenzen für die „Arbeit auf eigene Rechnung“ in der Gastronomie, der privaten Zimmervermietung, der Beförderung und für Bauunternehmen ausgeben. Das ist die positive Nachricht, die gestern in Kuba die Runde machte.
Die Parteizeitung Granma stellte die neuen Regeln vor, und die „Gaceta official“, in der neue Gesetze publiziert werden, widmete den neuen Regeln die Sondernummer 35. In einer Auflage von zwei Millionen Exemplaren sollen die Bestimmungen unters Volk gebracht werden.
Die neuen Regeln sind positiv, findet der kubanische Finanzexperte Pavel Vidal. Er hatte im vergangenen August das Einfrieren der Vergabe der Lizenzen, in Kuba Patentes genannt, kritisiert. „Reformen beim Procedere sind zwar nötig, aber das Einfrieren der Ausgabe neuer Lizenzen in einigen Bereichen sorgt für unnötige Ängste“, so Vidal, der an der Universität Javeriana im kolumbianischen Cali lehrt, damals.
Auf der Insel kursierten Gerüchte, dass die Regierung den Privatsektor abwürgen wolle. Mit der Veröffentlichung der neuen Bestimmungen ist diese Befürchtung vom Tisch. Aber die bis Ende Mai 591.456 registrierten Selbständigen werden sich an neue Vorgaben gewöhnen müssen.
Obligatorisch wird ab dem 7. Dezember der Nachweis eines eigenen Bankkontos, über das in Zukunft mehr Transaktionen laufen sollen. „Die Maßnahme soll dafür sorgen, dass die Steuerbehörden besser kalkulieren können, mit welchen Einnahmen sie aus dem Privatsektor rechnen können“, sagt Finanzexperte Vidal. Das Verschweigen von Einnahmen soll schwieriger werden.
Automaten für transparente Transaktionen
Bisher wird in Kuba vor allem bar bezahlt. Das soll sich mittelfristig ändern. Die Regierung hat mehr als 100.000 neue Geldautomaten in Asien geordert. Online-Banking soll auch in Kuba Einzug halten. Das soll Finanztransaktionen transparenter machen, der Steuerhinterziehung Einhalt gebieten und den Schwarzmarkt austrocknen.
Die kubanischen Behörden haben in der Vergangenheit Betreiber privater Restaurants wie Carlos Cristóbal Márquez vom San Cristóbal vorgeladen, um zu prüfen, wie er den Bedarf seines Paladar deckt. Paladares werden die Privatrestaurants in Kuba genannt. Viele Betreiber, so mutmaßen die Behörden, kaufen auf dem Schwarzmarkt ein.
Das ist zwar illegal, aber Großmärkte mit Großhandelspreisen für Restaurantbetreiber sind in Kuba bisher nur für einige Genossenschaften zugänglich. Ein Grund, weshalb Márquez direkt bei Bauern, Fischern und in Supermärkten für Diplomaten einkauft. Bei ihrer jüngsten Initiative hat es die Regierung versäumt, für die Einrichtung weiterer Großmärkte zu sorgen.
Neu ist, dass künftig nur eine Lizenz pro Kopf ausgegeben wird. „Das ist eine politische Maßnahme, denn es gibt eine konservative Fraktion in Kuba, die sich Sorgen angesichts des Wachstums des privaten Sektors und der wachsenden Ungleichheit macht“, erklärt Vidal.
Lizenzen dämpfen Wirtschaftswachstum
Ökonomisch sei das kontraproduktiv. Die Beschränkung der Lizenzen dämpfe das Wirtschaftswachstum, was zu weniger Investitionen und so zu einem geringeren Steueraufkommen des privaten Sektors führen könne. Das scheint die Regierung angesichts des Booms des privaten Sektors in Kauf zu nehmen. Die Zahl von luxuriösen Paladares oder Privatunterkünften, den Hostales, ist in den vergangenen Jahren merklich gestiegen.
Eine langjährige Forderung erfüllt die Regierung allerdings nach wie vor nicht: die Zulassung selbstständiger Berater aus dem akademischen Bereich. So sind Dienstleistungen etwa von Juristen, Ökonomen oder Politologen in Kuba weiterhin nicht vorgesehen.
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