Kubanischer Favorit über 110 Meter Hürden: Entspannt zum WM-Titel
Dayron Robles will bei der Leichtathletik-WM über 110 Meter Hürden gewinnen. Es ist der letzte Titel, der ihm noch fehlt. Dazu muss er jedoch seine Nervosität besiegen.
HAVANNA taz | Santiago Antuñez schlendert locker über die Tartanbahn im weiten Rund des Panamericano. In der Betonschüssel, die für die Panamerikanischen Spiele von 1991 in Havanna gebaut wurde, trainiert die kubanische Leichtathletikequipe. Das riesige verblichene Bild von Revolutionsikone Che Guevara mit der berühmten Parole "Hasta la victoria siempre" schmückt die Stirnseite des weiten Runds. Dort lässt Coach Antuñez auch die Steigerungsläufe seiner wieselflinken Schützlinge beginnen - der Hürdensprinter.
Unbestrittener Star des Teams ist Dayron Robles. Der 24-jährige Weltrekordler und Olympiasieger von Peking über 110 Meter Hürden ist einer von drei Topfavoriten auf den Titel bei den Weltmeisterschaften in Südkorea. Die anderen beiden heißen David Oliver aus den USA und Liu Xiang aus China.
Das Finalrennen am kommenden Montag (14.25 Uhr, ZDF) könnte zur Leichtathletikdelikatesse von Daegu werden, denn das Trio ist rechtzeitig zum Saisonhöhepunkt in Bestform. Natürlich drückt man auf der Insel dem "kubanischen Boliden", wie die Parteizeitung Granma Robles getauft hat, die Daumen.
Modellathlet aus Guantánamo
Gerade noch rechtzeitig hat sich der 1,90 Meter große Modellathlet aus Guantánamo von mehreren Verletzungen erholt und ist in den letzten Wochen richtig in Schwung gekommen. Anfang Juli schlug er im Finale von Paris seinen hartnäckigen Widersacher David Oliver. Auch bei den folgenden Wettkämpfen in London hatte Robles die Nase vorn.
Das freute Coach Antuñez, denn in der Saison 2010 hatte Oliver fast nach Belieben dominieren dürfen, denn sowohl Robles als auch Liu Xiang hatten mit langwierigen Verletzungen zu kämpfen. Rechtzeitig zu den Weltmeisterschaften sind nun beide wieder fit und knüpften an alte Stärke an.
Wirklich zufrieden war Dayron Robles nach seinem Sieg von Paris aber noch nicht. "Ich habe ein schnelleres Rennen erwartet", erklärte der Brillenträger und wirkte fast enttäuscht angesichts der Zeit, mit 13,09 Sekunden noch einiges schlechter war als sein Weltrekord von 12,87 Sekunden. Deutlich zufriedener als sein Schützling war hingegen Hürdenguru Santiago Antuñez. Der lächelte verschmitzt, weil sein Schützling zum Ende noch zusetzen konnte und obendrein taktisch klug gelaufen war.
Taktisches Geschick bringt der graumelierte Trainer, der 2010 vom Internationalen Leichtathletikverband als Trainer des Jahres ausgezeichnet wurde, seinen Athleten von Beginn an bei. Das zahlt und zahlte sich aus. Nicht erst bei Robles, sondern auch schon bei seinem Vorbild und Vorgänger Anier García. Der gewann in Sydney 2000 Olympiagold, indem er die Konkurrenz später einfach stehen ließ. Gute Technik und ein explosiver Antritt waren dafür mitverantwortlich.
Angeborenes Talent
Beides hat auch Dayron Robles anscheinend in die Wiege gelegt bekommen. Schon sein Onkel gehörte zu den besten Hürdenläufern der Insel - allerdings über 400 Meter. Dem Onkel und Trainer Antúnez hat der Superstar der kubanischen Leichtathletik seine ersten großen Titel gewidmet.
Auf der Insel ist Robles mittlerweile mindestens so bekannt wie Hochspringer Javier Sotomayor und Weitspringer Iván Pedroso vor zehn Jahren. Das kubanische Team in Daegu hat hat mehrere Medaillenanwärter, aber der Hürdensprinter ist gemeinsam mit der Dreispringerin Yargelis Savigne zweifellos ihr schillerndes Aushängeschild.
Vor allem aber ist er wild entschlossen, seine Pechsträhne bei Weltmeisterschaften zu beenden. 2005 schied er aus, 2007 wurde er nur Vierter und 2009 musste er im Halbfinale verletzt passen. Nun gilt es, und dafür hat der sympathische Athlet mit der feinen Technik gelernt sich besser zu konzentrieren und zugleich eine früher oft störende Nervosität abzulegen.
Zwar ist er längst nicht so locker wie einst sein Vorbild Anier García, aber er hat Gefallen gefunden an der internationalen Aufmerksamkeit, die der Hürdensprint seit einigen Jahren genießt. Vielversprechende Voraussetzungen für Daegu, findet nicht nur Trainer Antuñez.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?