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Kuba

■ Betr.: "Kubas Angst vor Infektionen",taz vom 12. bzw. 13.7.88

betr.: „Kubas Angst vor Infektionen“, taz vom 12. bzw. 13.7.88

(...) Über 25.000 Bundesbürger flogen 1987 (und 1988 werden es noch mehr) auf die Sonneninsel der Caribic ... und hoffentlich kriegen diese kommenden Touristen nicht plötzlich Angst, wenn sie so aufdringlich von Wechselgeld -Schiebern und „viren-beladenen“ Kubanern bedrängt werden.

(...) Gewiß, es gibt Lebensmittel-Karten, Kleiderkarten... Wartelisten für alles. Dennoch, 29 Jahre Revolution müssen ja auch etwas Positives geschaffen haben. Tourist auf Kuba zu sein bedeutet Sicherheit, Gastfreundschaft und Lebensfreude. „Bettler“ gibt es auch bei uns!

Daß die „Eingeborenen“ natürlich von manchen Artikeln wie Jeans, Radios, Walkmans „träumen“, ist doch klar und menschlich, daß sie diese Dinge haben möchten, ist natürlich. Daß es „Kritiker“ am System gibt ... warum nicht? Bei uns gibt es sie auch. Mir gefällt an deinem Artikel nicht, daß du nur „Meckerer“ zu Worte kommen läßt. Ich habe es bisher nicht bereut, Tourist auf Kuba zu sein und freue mich schon wieder auf 1989. (...)

Lothar Graf, Frankfurt

Eine solche Reportage dient als schlechte Einzelschicksalsgeschichte mit leichter Tränendrüsenfunktion. Die Aussagen des Artikels gehen somit, solange sie nicht quantifiziert werden, und da sie allzu oft am Standard von Industrieländern gemessen werden, am Kern der Sache vorbei. Um der Tendenz des Artikels entgegenzuwirken, möchte ich meine Eindrücke aus Habana kombiniert mit Zahlen aus offiziellen BRD-Statistiken hinzufügen.

Am ersten und einzigen Tag unseres Transit-Aufenthalts in der Hauptstadt wurden wir an einer Straßenbar (es gab dort kein Bier, dafür Milch, für viele Arme in anderen Ländern Mangelware!) von einem deutsch-sprechenden Kubaner zu sich nach Hause eingeladen. Er war keinesfalls verschämt über die schlechte Fassade seiner Altstadtwohnung, er wußte wohl, daß es im Gegensatz zu anderen lateinamerikanischen Städten keine Slums gibt auf Kuba, nicht diese ständig wechselnde Zahl von Vertriebenen, Landlosen und Habenichtsen, die in die Städte strömen. Dieser Kubaner gab uns seine Adresse und lud uns nochmals zu sich ein. Er hatte keine Bedenken gegenüber Auslandskontakten.

Zur sozialen Lage: Reis und Bohnen sind das Grundnahrungsmittel für viele LateinamerikanerInnen, von denen sich mehr und mehr nicht einmal mehr genügend dieser Waren kaufen können. In Kuba sind die Grundnahrungsmittel rationiert. Gerade deshalb (und nicht trotzdem) leidet kein Mensch Kubas an Hunger, und die durchschnittliche Versorung der KubanerInnen liegt mit 130 Prozent der notwendigen Kalorien an der Spitze aller lateinamerikanischen Länder (laut einer USA-Studie von 1988: 20 Millionen NordamerikanerInnen „hungern“, bzw. haben nicht das Geld, sich genügend Nahrung zu beschaffen).

Nicht nur das Gesundheitssystem ist das Beste aller vergleichbaren Länder (laut UNO), auch ist zum Beispiel die Säuglingsterblichkeit niedriger als in Portugal und die Analphabetenrate geringer als zum Beispiel in Portugal, Griechenland oder Spanien.

Und es gibt nicht nur den Internationalismus Kubas in Angola, sondern als ein Beispiel auch in Nicaragua. Dort arbeiten über 100 kubanische ÄrztInnen; eine unerläßliche Hilfe für die medizinische Versorgung des Landes (Angola hat die höchste Rate von Gehbehinderten auf der Erde, die von USA und RSA unterstützten Terrorbanden legen überall Hinterhalte und Minen, auf Feldern, Straßen, Brücken...).

Interessant wäre im Gesamtzusammenhang eine Diskussion über die realen, politischen und ökonomischen Probleme des Landes, über Kubas Schuldenprobleme etc; nicht jedoch solche im Schwimmbad des Hotels zusammengeschusterten Tagebuchaufzeichnungen.

Martin

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