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Kroaten verlassen bosnisches Präsidium

Genfer Verhandlungen vorerst unterbrochen / Position Izetbegovićs weiter geschwächt / Nato-Beschluß von Genfer Verhandlungsleitern begrüßt / Hausdurchsuchungen im Kosovo  ■ Aus Genf Andreas Zumach

Völliger Stillstand am Verhandlungstisch und Manöver hinter den Kulissen prägten den gestrigen Tag der Genfer Bosnien-Gespräche. Selbst der jüngste Nato-Beschluß, Luftangriffe auf serbische Stellungen in Bosnien vorzubereiten, hatte keinerlei substantielle Auswirkungen auf den Verhandlungsprozeß. Um durch Druck auf die Führer der bosnischen Serben und Kroaten wieder Bewegung in die Diskussion über die territoriale Aufteilung Bosniens zu bringen, luden die beiden Vermittler Owen und Stoltenberg für heute die Präsidenten Serbiens und Kroatiens, Milošević und Tudjman erneut nach Genf ein. Nach dem taz-Bericht über die selektive Informationspolitik der Vermittler und unter dem Druck der UNO-Journalisten-Assoziation versprach Konferenzsprecher Mills gestern schriftlich ein Ende dieser Praktiken.

Am Montagabend hatten die Verhandlungen nach Angaben aus der Konferenzleitung „kurz vor dem Kollaps“ gestanden. Präsident Izetbegović hatte seine Teilnahme am Verhandlungstisch mit der Forderung abgebrochen, daß die von General Mladić angeführten serbischen Truppen zunächst das Gelände um den bosnischen Fernsehsender in der Nähe des Igman-Berges bei Sarajevo räumen. Da diese Forderung trotz einer entsprechenden Zusage von Serbenführer Karadžić bis gestern morgen nicht erfüllt war, blieb Izetbegović weiter in seinem Genfer Hotel. Am Nachmittag erklärte Sprecher Mills, Beobachtergruppen der UNPROFOR-Truppen hätten „begonnen“, ihre Stellungen in dem umstrittenen Gelände zu beziehen.

Bosniens Premiermininister Akmadzić sowie die beiden anderen Kroaten im zehnköpfigen Präsidium des Landes erklärten gestern mittag ihren Auszug aus diesem Gremium. Als Begründung gaben sie die „fortgesetzten Angriffe“ der Regierungstruppen gegen die kroatischen Milizen in Zentralbosnien an. Akmadzić will allerdings bis auf weiteres Premierminister bleiben. Bis zur Einstellung der Angriffe in Zentralbosnien wollen die drei Kroaten wieder an der Genfer Verhandlungsdelegation des bosnischen Kroatenführers Boban teilnehmen, der sie bereits in den ersten acht Verhandlungsmonaten bis zum April dieses Jahres angehörten. Seit das Präsidium Ende Mai von Owen und Stoltenberg in die Genfer Verhandlungen mit dem Kalkül einbezogen wurde, den sich einer Teilung des Landes widersetzenden Izetbegović zu entmachten, hatte vor allem Akmadzić die Rolle des Gegenspielers des Präsidenten übernommen.

Seit Beginn der jüngsten Verhandlungsrunde am Dienstag letzter Woche sprachen sich die drei Präsidiumskroaten laufend mit Boban und dem kroatischen Präsidenten Tudjman ab und votierten bei den internen Abstimmungen im Präsidium regelmäßig gegen Izetbegović. Zu ihrem Austritt aus dem Präsidium zum jetzigen Zeitpunkt wurden die drei Kroaten von Owen gedrängt.

Der Beschluß des Nato-Rates wurde von den beiden Vermittlern mit großer Erleichterung aufgenommen. Laut Owen bedeute er einen „Auftrieb“ für die Verhandlungen. Nach einer elfstündigen Marathonsitzung hatten die Botschafter der 16 Nato-Staaten am Dienstagmorgen „schärfere Maßnahmen“ inklusive Lufangriffe angedroht, falls der serbische Belagerungsring um Sarajevo nicht gelockert und Hilfskonvois weiterhin massiv behindert werden. Allerdings sollen diese Maßnahmen ausschließlich „unter der Autorität“ des UNO-Sicherheitsrates und „im Rahmen von UNO-Resolutionen“ erfolgen. Ausdrücklich Bezug nimmt das Brüsseler Kommuniqué auf die Resolution 836, die Luftangriffe lediglich als Reaktion auf UNPROFOR-Truppen innerhalb der von Sicherheitsrat erklärten sechs Schutzzonen vorsieht. Für ihren Vorschlag für darüber hinausgehende Maßnahmen – wie etwa zur Brechung der serbischen Blockade – hatten die USA auf der Brüsseler Sitzung lediglich Unterstützung bei Island und der Türkei gefunden.

Die serbische Polizei hat am Montag in drei Städten der südserbischen Provinz Kosovo Haussuchungen und Personenkontrollen in großem Umfang vorgenommen. Wie das Komitee für Menschenrechte in der Provinzhauptstadt Pristina mitteilte, durchsuchten bis zu 40 Mann starke Polizeieinheiten in den frühen Morgenstunden Wohnungen in Pristina, Mitrovica und Glogovac. Die Maßnahmen seien mit der Suche nach Waffen begründet worden. Mehrere Personen, vorwiegend ehemalige politische Gefangene und aktive Bürger, wurden vorübergehend festgenommen.

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