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Kritische Sichtung

betr.: „Die Verhinderung von Politik“ (Israel/Palästina), taz vom 9. 12. 02

Eine kritische Sichtung der verhängnisvollen Zusammenhänge des Israel-Palästina-Konfliktes tut Not – angesichts der noch nicht abgekühlten Diskussion um den Export von deutschen „Fuchs“-Panzern in die Krisenregion vielleicht mehr denn je. Der Beitrag von Georg Baltissen erscheint mir in diesem Sinne als überaus begrüßenswert.

Gerade unsere historische Verantwortung als Deutsche gegenüber dem jüdischen Volk ist es, die uns hier nicht schweigen lassen darf. Noch weniger darf sie uns zu einer unkritischen Sichtweise dieses Konfliktes und seiner Ursachen verleiten. Wer für einen beständigen Frieden für Israel ist, der muss auch – im Hinblick auf einen unabhängigen palästinensischen Staat – für den Frieden und den Schutz der palästinensischen Gebiete sein, und wem es wirklich um Israel zu tun ist, kann nicht umhin, die tatsächlichen Handlungsmaximen der derzeitigen israelischen Führung ans Licht zu stellen und zurückzuweisen. Eine Politik, wie sie von der Regierung Scharon gegenüber den Palästinensern verfochten wird, muss den Friedensprozess nachhaltig untergraben und wird dem Blutvergießen kein Ende bereiten. Der „Kampf gegen den Terrorismus“ ist ein löchrig gewordener Deckmantel für den Versuch einer einseitigen Durchsetzung nationaler Machtinteressen mit militärischer Gewalt. Als Versuch, eine Lösung dieses Konfliktes herbeizuführen, ist er zum Scheitern verurteilt. Hier kann nur ein Vorgehen, das den Interessen beider Seiten Rechnung zu tragen versucht und insofern ein friedliches ist, zum Ziel führen. Dieser Weg ist möglich, weil er unumgänglich ist.

HARTMUT BIRSNER, Tübingen

Die im oben erwähnten Beitrag gemachten Aussagen des Georg Baltissen sind wie immer nur schwer erträglich. Denn die Artikel des Herrn Baltissen laufen immer nach demselben Argumentationsmuster ab: die israelische Politik handelt und die palästinensische Politik bzw. die palästinensische Bevölkerung reagiert quasi reflexartig auf diese Politik. Natürlich unterstellt Herr Baltissen, dass die israelische Politik unzweckmäßig ist. Aber das Sprengen von Häusern, das Einebnen von Flüchtlingslagern mit Bulldozern, das Plattmachen des Hauptquartiers von Autonomiepräsident Jassir Arafat etc. ist nicht nur unzweckmäßig, sondern stellt einen Eroberungskrieg und Rachefeldzug dar, der propagandistisch als Teil des weltweiten Kampfes gegen den Terrorismus ausgegeben wird. Zudem wird – zumindest nach Baltissens Ansicht – auf israelischer Seite ernsthaft überlegt, alle Palästinenser zu vertreiben. Mit der Anhäufung von Begriffen wie Eroberungskrieg, Rachefeldzug, Propaganda und Vertreibung wird klar, welche Emotionen Herr Baltissen bedienen möchte, wobei – sei es bewusst oder unbewusst – unterschlagen wird, dass Handeln auf israelischer wie auf palästinensischer Seite immer gleichzeitig Reaktion wie Aktion darstellen. Dies darzustellen ist aber Herrn Baltissens Sache nicht. HANS GUGGENHEIM, Mannheim

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