Kritiker mundtod gemacht: NRW-Umweltminister im Kreuzverhör
Nach der Verhaftungsaffäre droht Nordrhein-Westfalens Umweltminister Eckard Uhlenberg ein Untersuchungsausschuss. Die Grünen werfen dem Minister Amtsmissbrauch vor.
DÜSSELDORF taz In der Justizaffäre um die Verhaftung eines ehemaligen Abteilungsleiters des nordrhein-westfälischen Umweltministeriums gerät CDU-Minister Eckhard Uhlenberg immer stärker unter Druck. Der Fraktionsgeschäftsführer der Grünen im Landtag, Johannes Remmel, spricht von "Amtsmissbrauch", die SPD-Abgeordnete Svenja Schulze wirft dem Umweltminister "Realitätsverleugnung" vor. Auch Uhlenbergs Amtsvorgängerin, Bärbel Höhn (Grüne), glaubt, der Christdemokrat habe mithilfe des Strafrechts "einen Kritiker mundtod" machen wollen: Das müsse "Konsequenzen" haben, forderte die heutige stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion gegenüber der taz.
Uhlenbergs ehemaliger Abteilungsleiter Harald Friedrich hatte den Minister im Skandal um vermutlich krebserregende perfluorierte Tenside (PFT) im Trinkwasser der Ruhr in Erklärungsnot gebracht. Im Mai aber, als in Düsseldorf bereits über einen Rücktritt Uhlenbergs spekuliert wurde, erging plötzlich Haftbefehl gegen den Kritiker. Drei Wochen lang saß der Wasserexperte in Untersuchungshaft. "Gewerbsmäßig und als Mitglied einer Bande" habe der Chemiker Universitäten und Firmen Aufträge zugeschanzt und das Land so um mindestens 4,3 Millionen Euro betrogen, lautete der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Doch die Vorwürfe gegen Grünen-Mitglied Friedrich brechen in sich zusammen: Der Haftbefehl ist aufgehoben, der Korruptionsvorwurf vom Tisch. "Herr Friedrich hat sich nicht persönlich bereichert", sagt Staatsanwalt Ralf Meyer.
Den Vorwurf, sein Ministerium habe die Kampagne gegen Friedrich gesteuert, weißt Uhlenberg zurück. "Ich habe mir nichts vorzuwerfen", beteuerte der Minister am Dienstag. Mit der Strafanzeige wegen Korruption habe er "als Umweltminister nichts zu tun", zu keiner Zeit habe sein Haus Einfluss auf die Justiz ausgeübt. Dabei zeigt die Ermittlungsakte, dass Uhlenbergs Stellvertreter, Staatssekretär Alexander Schink, persönlich gegen Friedrich vorging: "Unter allen denkbaren strafrechtlichen Aspekten" erstattete er Strafanzeige gegen Friedrich.
Zudem macht Umweltminister Uhlenberg sogar Werbung mit den Projekten, für die Friedrich Mittel zweckentfremdet haben soll und die im Haftbefehl den Verdacht der "fortgesetzten Begehung von Betrugstaten" begründeten. So stehe etwa das Projekt "Schadstoffeinträge in Oberflächengewässer" für "modernen Umweltschutz" als "Voraussetzung für eine zukunftsfähige Wirtschaft", schreibt der Minister in einer Broschüre. Die Opposition will Uhlenberg deshalb am Mittwoch im Umweltausschuss ins Kreuzverhör nehmen - und denkt über einen Untersuchungsausschuss nach: "Wir wollen", sagt der grüne Fraktionsgeschäftsführer Remmel, "alle parlamentarischen Mittel nutzen."
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