Kritik von Sprinterin Lückenkemper: Sehr fragwürdige Kameraplatzierung
Gina Lückenkemper ist empört über die Kameraplatzierung am Startblock bei der Leichtathletik-WM. Sie rüffelt generell gern die Fernsehgewaltigen.
Großes Interesse daran, dass ihre Sportart, die Leichtathletik, gefälligst medial besser präsentiert wird, hat Gina Lückenkemper schon seit Langem. „Wir müssen die Sportart transparent machen, zeigen, was die für tolle Typen und Persönlichkeiten hat“, hatte die 100-Meter-Läuferin vor einem Jahr in der taz gefordert.
Bei der Leichtathletik-WM in Doha/Katar musste sich die 22-jährige Sprinterin wieder zu Wort melden. An den Startblöcken für die Sprintwettbewerbe sind nämlich Kameras installiert, die nach oben gerichtet sind und den konzentrierten Gesichtsausdruck der Läufer und Läuferinnen vor dem Start zeigen sollen. Also eigentlich ein Versuch, die Leichtathletik telemedial attraktiver zu machen.
Aber Lückenkemper ist empört. „In den knappen Sachen über diese Kamera zu steigen, um in den Block zu gehen, finde ich sehr unangenehm“, sagt die Sprinterin aus Soest. „Also ich weiß nicht, ob ihr gerne von unten von einer Kamera gefilmt werden wollt“, fügt sie hinzu: „Ich finde diese Kameras nicht ganz so geil.“ Lückenkempers Kritik wird von Tatjana Pinto, einer weiteren deutschen 100-Meter-Sprinterin bei der WM, geteilt: Es sei doch schon „sehr fragwürdig, die Kamera da zu platzieren“.
Ob Lückenkemper und Pinto zum Objekt dieser zu Recht unter Sexismusverdacht stehenden Kameraführung wurden, stand zu Redaktionsschluss noch nicht fest: Halbfinale (das beide erreicht hatten) und Finale fanden erst danach statt.
Witz, Empathie und Lust am Sport
Gerade Lückenkemper hat sich in den vergangenen Jahren zum Gesicht des deutschen Sprints entwickelt: vor einem Jahr Vizeeuropameisterin auf ihrer Strecke, drei deutsche Meisterschaften, schon drei Mal unter der im 100-Meter-Sprint der Frauen noch immer magischen Marke der 11 Sekunden geblieben – das sind Erfolge, auf denen sich aufbauen lässt.
Lange lief Lückenkemper für den LAZ Soest, dann war sie für die Leichtathletikhochburgen Dortmund und Leverkusen am Start, und neuerdings sorgte ein Ausrüsterwechsel in Leverkusen dafür, dass sie für den SCC Berlin antritt. Auch das ein guter Name in der Welt der Leichtathletik.
Was die junge Läuferin auszeichnet, ist nicht nur ihr sportliches Talent, sondern auch wie sie sich in der Öffentlichkeit präsentiert. Sie ist eine, die auf Fotos auch mal die Zunge herausstreckt, eine, die mit Witz und Empathie über ihre Lust am Sport spricht, statt nur verdruckst irgendwelche biomechanischen Aspekte zu erörtern.
Und Gina Lückenkemper ist eine, die sich Gedanken macht, wie denn ihr offenes Verständnis von Leichtathletik auch vermittelt werden kann. „Warum ist es nicht möglich, das Angebot breiter zu fächern?“, hat sie mal von ARD und ZDF wissen wollen, als die die Fernsehrechte hatten, aber, so Lückenkemper, schlicht „scheiße übertragen“ hatten.
Nun also legt sich Gina Lückenkemper erneut mit den Fernsehgewaltigen an. Dieses Mal bei der Leichtathletik-WM in Katar. Und wieder einmal mit guten Argumenten. „War an der Entwicklung dieser Kamera eine Frau beteiligt?“, fragt sie. „Ich glaube, nicht.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP