Kritik vom Landesrechnungshof: Wowereit lässt fünf gerade sein
Der Landesrechnungshof moniert die fehlende Kostenaufstellung für die geplante Zentral- und Landesbibliothek und fordert, mehr Standorte zu prüfen.
Der Landesrechnungshof erhebt schwere Vorwürfe gegen den Regierenden Bürgermeister: Klaus Wowereit (SPD) habe bei der Planung der Zentral- und Landesbibliothek geschlampt und gegen das Berliner Haushaltsrecht verstoßen. Die Finanzprüfer fordern, dass die benötigte Fläche für die Bibliothek und die Kosten wie vorgeschrieben auf systematische Weise berechnet werden. Dabei sollten auch alternative Standorte wie das Internationale Congress-Centrum ICC am Funkturm oder das Gebäude des ehemaligen Flughafens Tempelhof geprüft werden, forderte Rechnungshof-Präsidentin Marion Claßen-Beblo am Montag bei der Vorstellung des Jahresberichts.
Wowereit will auf dem Tempelhofer Feld einen Neubau für die Zentral- und Landesbibliothek errichten, die bisher über drei Standorte verteilt ist. Die derzeitige Kostenschätzung liegt bei 270 Millionen Euro. Der Bau ist noch nicht endgültig beschlossen.
Die Senatskanzlei räumte ein, die Rüge über den fehlenden Standortvergleich sei „grundsätzlich berechtigt“, heißt es im Rechnungshofbericht. Da die Koalition sich aber schon für den Standort auf dem Feld entschieden habe, bringe eine nachträgliche Untersuchung der Wirtschaftlichkeit dieses Standorts keinen erkennbaren Nutzen. Stattdessen würde sie „erhebliche Kosten verursachen“.
Laxer Umgang mit Vorschriften
Der Jahresbericht des Rechnungshofes enthüllt zudem, wie lax die Universitäten mit den Vorschriften umgehen, die einen Einfluss der Wirtschaft auf die Forschung verhindern sollen. Die taz hatte 2011 berichtet, dass Humboldt-Professor Joachim Schwalbach für die Atomlobby eine Studie über die Atomkraft schreiben sollte. Das Geld dafür ging nicht an ihn, sondern an seine Ehefrau. Den Auftrag hatte er nicht als Nebentätigkeit bei der Universität angemeldet – dabei wäre er dazu nach Auskunft der Innenverwaltung verpflichtet gewesen. Die Uni hätte dann prüfen können, ob durch den Auftrag „dienstliche Interessen beeinträchtigt“ werden – und den Nebenjob verbieten können.
Als Reaktion auf den Vorfall kündigte Universitätspräsident Jan-Hendrik Olbertz damals im taz-Interview an, „unser Nebentätigkeitsrecht konsequent anzuwenden“. Aber das waren hohle Worte. Der Rechnungshof hat im folgenden Jahr die Nebentätigkeit von Professoren der Fachbereiche Wirtschaftswissenschaften und Ingenieurwesen der Humboldt-Universität, Technischen Universität und der Hochschule für Technik und Wirtschaft stichprobenartig geprüft. Die Hälfte hatte Nebentätigkeiten. Häufig melden die Professoren „nicht näher spezifizierte Beratungstätigkeiten“ für „teilweise nicht benannte Auftraggeber“, so der Rechnungshof.
Die Prüfer beanstanden in ihrem Bericht, dass die Universitäten die Nebenjobs durchwinkten, „ohne Art und Inhalt der Tätigkeiten aufgeklärt zu haben“. Sogar freiberufliche oder unternehmerische Nebentätigkeiten haben die Universitäten „in allen Fällen ohne weitere Ermittlungen genehmigt“, so der Rechnungshof. Verspätete Anträge der Professoren wurden „nicht beanstandet“ und selbst bei Mehrfachtätern wurden „Sanktionen weder geprüft noch angedroht oder verhängt“.
Die Senatsverwaltung für Wissenschaft nahm diese Rügen zum Anlass, „alle Hochschulen eindringlich auf die Verbindlichkeit bestehender rechtlicher Regelungen hinzuweisen“. Disziplinarische Konsequenzen gab es nicht.
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